Just-in-time und Just-in-sequence: Moderne Lieferkonzepte mit Risiken

Hannover/Berlin (dpa) - Größere Lagerhaltung kostet Unternehmen viel
Geld und ist oft unflexibel. Daher haben immer mehr Industriebetriebe
in der international vernetzten Wirtschaft begonnen, ihre
Lieferkonzepte auf Just-in-time und Just-in-sequence umzustellen.

Während Firmen früher einen gewichtigen Anteil der Komponenten für
ihre Endprodukte separat einkauften und lagerten, ist die zeitgenaue
Belieferung bei Bedarf («just in time») heute vielerorts tonangebend
- etwa in der Auto- oder Maschinenbaubranche. Das Unternehmen spart
so Ausgaben für die Erhaltung eines eigenen Großlagers, das Kapital
und Arbeitskraft bindet. Stattdessen kommen die Teile genau dann -
oder erst kurz vor dem Zeitpunkt - in den Betrieb, wenn sie in der
Montage gebraucht werden, und zudem in der passenden Menge, also in
direkter Abstimmung zum Fertigungsbedarf. Viele Dienstleister und
auch Händler, die stets frische Ware anbieten wollen, arbeiten
ähnlich.

Ein weiterer Vorteil ist die höhere Flexibilität, um auf kurzfristige
Änderungen der Nachfrage reagieren zu können. So nehmen Hersteller
bei steigenden Bestellungen der Kunden ihrerseits größere Mengen von
den Zulieferern ab - oder können umgekehrt bei akutem Absatzrückgang
die Abnahmemenge drosseln, ohne auf den Überkapazitäten eines teuren,
vollen Lagers zu sitzen. Viele Lieferverträge enthalten entsprechende
Klauseln. So soll die Produktion insgesamt «schlanker» werden.

Ein Folgeschritt für den Materialfluss ist Just-in-sequence. Dabei
wird die Belieferung nicht nur allgemein zeitlich, sondern auch
ablauftechnisch an die Reihenfolge der einzelnen Fertigungsschritte
angepasst. Die Teile kommen also genau dann und dort ans Band, wann
und wo sie innerhalb des Produktionsverfahrens benötigt werden.

Genau hier liegen jedoch auch Risiken: Wenn taktgenaue Lieferungen
einmal ausbleiben oder zu spät kommen, kann das ganze System aus dem
Gleichgewicht geraten. Zumal auch die Lieferketten bis zum Endprodukt
immer vernetzter und internationaler werden. Hakt es an einer oder
gleich an mehreren Stellen, drohen komplette Produktionsausfälle.
Dies war etwa im ersten Corona-Lockdown in Europa vielerorts der
Fall, als der Nachschub wichtiger Teile wegen der Grenzschließungen
abriss - trotz der Regeln für einen weitgehend freien EU-Binnenmarkt.