Kammern beklagen Ungleichbehandlung von Friseur und Kosmetik

Die Erleichterung der Friseure in Brandenburg könnte hörbar sein, am
1. März dürfen sie ihre Salons wieder öffnen. Doch die Reaktionen von

Betrieben und den Handwerkskammern im Land sind verhalten.

Potsdam/Cottbus/Frankfurt (Oder) (dpa/bb) - Die unterschiedliche
Herangehensweise Brandenburgs bei der Öffnung von Friseursalons und
Kosmetikläden in der Corona-Pandemie sorgt für Unverständnis bei
Handwerkskammern und Betrieben. Sie kritisieren, dass für
Kosmetikläden immer noch Unsicherheit herrsche und sie nicht wie
Friseurläden am 1. März öffnen dürfen.

«Eine Öffnung auch für unsere Kosmetikbetriebe zumindest zu diesem
Zeitpunkt wäre genauso gerechtfertigt», sagte Ralph Bührig,
Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam der Deutschen
Presse-Agentur. Bund und Länder hätten für die Friseure zutreffend
festgestellt, dass es wegen der Bedeutung für die Körperhygiene und
der längeren Schließung erforderlich erscheine, die Inanspruchnahme
zu ermöglichen, da erhebliche Teile der Bevölkerung, insbesondere
ältere Menschen, auf diese angewiesen seien. «Diese Gründe gelten
aber so auch uneingeschränkt für das Kosmetikhandwerk», betonte er.


Ähnlich äußerte sich der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer
für
die Region Ostbrandenburg, Frank Ecker. «Diese Differenzierung macht
aus unserer Sicht keinen Sinn, weil auch in diesem Gewerk hohe
Hygienestandards gelten.» Die Handwerkskammer Cottbus, zuständig für

Südbrandenburg, kritisierte, dass Kosmetiker keine Chance erhielten,
wenigstens Teile ihrer Dienstleistungen anbieten zu können. Die
Betriebe hätten Hygienekonzepte ausgearbeitet. «Mit den Schließungen

aus dem Frühjahr 2020 sind es schon fünf Monate, die diese Branche
schwerstens belasten und in die Knie zwingen», warnte
Geschäftsführerin Manja Bonin.

«Ich bin maßlos enttäuscht, so kann es nicht mehr weitergehen», sag
te
Mandy Rechenberger, Kosmetikermeisterin in Zeuthen (Dahme-Spreewald)
und Obermeisterin der Kosmetikerinnung. «Wir tragen Schutzhandschuhe,
FFP2-Masken, darüber noch ein Visier», berichtete sie über die
Hygieneschutzmaßnahmen. Sie selber arbeite bei der Maniküre hinter
einer Plexiglasscheibe, so Rechenberger. Sie behandele zudem nur eine
Kundin pro Stunde und desinfiziere danach jede Oberfläche, lüfte den
Laden. «Die Friseure arbeiten an Haaren, wir an der Haut, dem größten

Organ des Menschen», begründete die Obermeisterin ihre Forderung nach
einer raschen Wiederöffnung.

Kosmetikerin Christin Schmidt kann das nur unterstreichen. «Ich
glaube, die Politik unterscheidet nicht zwischen dekorativer und
pflegender Kosmetik», sagte Schmidt, die eine Haus - und
Fußpflegepraxis in Wriezen (Märkisch Oderland) betreibt. In der
Corona-Pandemie habe sie festgestellt, dass viele Menschen von dem
Beruf der Kosmetikerinnen keine Vorstellung haben. Es gehe nicht
allein nur ums Schminken. Hauptschwerpunkt ihrer Arbeit sei die
kosmetische Behandlung von unreiner, irritierter und schuppiger Haut,
erklärte Schmidt. «Die Kunden leiden extrem unter der
Nichtversorgung». Solch eine Behandlung sei vor allem im Winter
unerlässlich, schätzte sie ein. Es gehe um die Gesunderhaltung der
Haut, damit Viren und Bakterien keine Chance haben.

Auch die Öffnung der Friseursalons am 1. März kommt für die Kammern
zu spät. «Wir sind sehr enttäuscht, dass die Friseure nicht schon
diesen Montag aufmachen können», betonte Ecker. «Es grassieren reine

Existenzängste.» Manja Bonin hält die Öffnung für Friseurbetriebe
ab
1. März für «längst überfällig». Sie hätten ihre Hygienesta
ndards auf
ein Höchstmaß erweitert, insofern sei die Schließung im Dezember
ungerechtfertigt gewesen, betonte die Geschäftsführerin der
Handwerkskammer Cottbus. Ähnlich äußerte sich der
Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Potsdam, Ralph Bührig. «Wi
r
hätten uns eine Öffnung auch eher vorstellen können.»

Nadine Potrafke, Friseurmeisterin aus Neuenhagen (Märkisch Oderland)
hatte gegen die Schließung ihres Salons geklagt. Die Klage wurde am
vergangenen Donnerstag vor dem Oberverwaltungsgericht
Berlin-Brandenburg abgewiesen - für Potrafke «nicht
nachvollziehbar». Es gebe keine Rechtfertigung für die Schließung der

Friseurläden, alles basiere nur auf dem Infektionsschutzgesetz,
kritisierte sie. Friseursalons seien aber erwiesenermaßen keine
Corona-Hotspots. Es habe ihr zufolge keinen einzigen gemeldeten Fall
einer Corona-Infektion in Brandenburg gegeben. Der Öffnung am 1. März
sehe sie mit Freude entgegen, vor allem für ihre fünf Mitarbeiter,
sagte Potrafke, die sich als Mitglied der Initiative «Friseure in
Not» stellvertretend für die rund 7 000 Friseure in Brandenburg
engagiert. «Die Rücklagen in den Friseurbetrieben sind aufgebraucht.»


Ecker hat noch ein anderes Problem ausgemacht. Seiner Einschätzung
nach habe die Region Ostbrandenburg bei Friseuren mit «Schwarzarbeit»
und «Schattenwirtschaft» zu kämpfen. Zahlreiche Kunden würden nach

Polen zum Friseur gehen, denn dort seien die Salons geöffnet,
beschrieb der Hauptgeschäftsführer die Situation. Es gebe ungenügende

Sicherheitskontrollen an der Grenze bei der Wiedereinreise nach
Deutschland. Auch das Frisieren in «Hinterzimmern» sei ein Risiko.
«Man nimmt in Kauf, dass die Ansteckungsgefahr damit viel größer
ist», kritisierte Ecker.

Für die Einreisekontrolle nach Deutschland ist die Bundespolizei
zuständig. Die Landespolizei darf nach Angaben des Innenministeriums
lediglich im Rahmen der normalen Streifentätigkeit stichprobenartige
Kontrollen vornehmen oder im Zuge der Amtshilfe bei Kontrollen durch
die Gesundheitsämter unterstützen. Im Zeitraum vom 16. Dezember 2020
bis zum 4. Februar hat die Polizei dem Ministerium zufolge im Rahmen
der normalen Streifentätigkeit rund 2 500 Kontrollen in Grenznähe im
Zusammenhang mit der Quarantäneverordnung durchgeführt. Für alle
Einreisenden aus Polen gilt eine zehntägige Quarantänepflicht.