Grenzkontrollen - Auswirkungen auf Bayerns Wirtschaft erwartet

Aus Angst vor ansteckenderen Corona-Varianten sind die Grenzen zu
Tschechien und Tirol seit Sonntag für viele dicht. Zwar dürfen
bestimmte Berufspendler nun doch einreisen. Doch die Wirtschaft warnt
vor den Folgen.

München (dpa) - Nach dem Start der strikten Einreisebeschränkungen an
den Grenzen zu Tschechien und Österreich richtet sich zum
Wochenbeginn der Blick vor allem auf die Wirtschaft. Zwar dürfen
Berufspendler mit wichtigen Aufgaben in systemrelevanten Branchen nun
doch nach Deutschland einreisen, wie Bund und Freistaat am Sonntag
mitteilten. «Wir gehen pragmatisch vor, wo immer das möglich ist»,
betonte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Die Autoindustrie
fürchtet trotzdem, dass am Montag einige Werke stillstehen könnten.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wies am Sonntag bei einem Besuch
in Schirnding an der tschechischen Grenze Kritik an den Maßnahmen
zurück. Die Kontrollen bedeuteten nicht das Ende des freien Europas,
wie manche sagten. «Was für ein Unsinn.» Er sei überzeugt, dass es

Europa stärke, wenn es gelinge, eine neue Corona-Welle zu verhindern.

Tschechien verhängte am Abend wegen der dramatisch hohen
Corona-Infektionszahlen erneut einen Notstand. Er gelte von Montag an
für 14 Tage, teilte die Minderheitsregierung unter Ministerpräsident
Andrej Babis mit. Man entspreche damit einer Bitte der Vertreter
aller 14 Verwaltungsregionen einschließlich der Hauptstadt Prag.

Seit Beginn der Pandemie gab es in dem Land mit gut zehn Millionen
Einwohnern mehr als eine Million bestätigte Corona-Infektionen und 18
143 Todesfälle. Nach den jüngsten Zahlen der EU-Gesundheitsagentur
ECDC gab es in Tschechien innerhalb von 14 Tagen rund 915 Infektionen
je 100 000 Einwohner; das entspricht gut dem Fünffachen des deutschen
Werts (177).

Ziel der Grenzkontrollen ist, das Einschleppen von ansteckenderen
Varianten des Coronavirus über die Grenze einzudämmen. Sowohl in
Tschechien als auch im österreichischen Bundesland Tirol sind diese
Varianten deutlich stärker verbreitet als in Deutschland. Deshalb
dürfen aus den betroffenen Gebieten derzeit nur noch Deutsche sowie
Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland
einreisen. Ausnahmen gab es zunächst für Ärzte, Kranken- und
Altenpfleger, Lkw-Fahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte.

Künftig sollen nun aber auch Berufspendler einreisen dürfen, die
gebraucht werden, um die Funktionsfähigkeit ihrer Betriebe in
systemrelevanten Branchen aufrecht zu erhalten. Sie müssen dafür bis
einschließlich Dienstag ihren Arbeitsvertrag dabei haben. Danach
sollen die Länder Bayern und Sachsen Betriebe als systemrelevant
definiert und individuelle Bescheinigungen ausgestellt haben, die an
der Grenze vorgezeigt werden sollen.

Voraussetzung für die Einreise der Mitarbeiter ist aber weiter ein
maximal 48 Stunden alter negativer Test, zudem müssen sie sich
digital vor der Einreise anmelden.

Viele Betriebe hatten befürchtet, am Montag nicht wie gewöhnlich
produzieren zu können. Denn allein in Bayern arbeiten nach den
aktuellsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) 22 000 Tschechen
und 9600 Österreicher, viele davon im verarbeitenden Gewerbe.

Die Autoindustrie sieht trotz der Erleichterungen Probleme - vor
allem, weil auch Lkw-Fahrer einen aktuellen Coronatest vorlegen
müssen. Diese Testpflicht sei so kurzfristig gar nicht umzusetzen,
erklärte der Branchenverband VDA. Weil die Maßnahmen so kurzfristig
gekommen wären, hätten die Werke sich keine Zulieferkomponenten auf
Vorrat legen können. Die Automobilproduktion werde ab Montagmittag
deshalb größtenteils zum Erliegen kommen. «Die Werke in Ingolstadt,
Regensburg, Dingolfing, Zwickau und Leipzig sind als erste
betroffen.»

Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) werden sich die
mutierten Viren auch in Deutschland nach und nach ausbreiten, dies
soll aber verlangsamt werden.