Tschechien verhängt für 14 Tage neuen Corona-Notstand

Mitten in der Corona-Krise wollte das Parlament in Tschechien den
Notstand auslaufen lassen. Die Regierung hat nun einfach einen neuen
Ausnahmezustand verhängt. Doch es gibt Zweifel, ob das mit der
Verfassung vereinbar ist.

Prag (dpa) - Tschechien verhängt wegen der dramatisch hohen
Corona-Infektionszahlen nun doch erneut einen Notstand. Er gelte von
Montag an für 14 Tage, teilte die Minderheitsregierung unter
Ministerpräsident Andrej Babis am Sonntag mit. Man entspreche damit
einer Bitte der Vertreter aller 14 Verwaltungsregionen einschließlich
der Hauptstadt Prag.

Seit Beginn der Pandemie gab es in dem Land mit gut zehn Millionen
Einwohnern mehr als eine Million bestätigte Corona-Infektionen und 18
143 Todesfälle. Nach den jüngsten Zahlen der EU-Gesundheitsagentur
ECDC gab es in Tschechien innerhalb von 14 Tagen rund 915 Infektionen
je 100 000 Einwohner; das entspricht gut dem Fünffachen des deutschen
Werts (177).

Der Corona-bedingte Ausnahmezustand sollte eigentlich in der Nacht
zum Montag auslaufen. Mit ihrer Entscheidung stellt sich die
Regierung gegen den Willen des Parlaments, das eine Verlängerung des
seit Oktober geltenden Notstands am Donnerstag abgelehnt hatte. Die
Entscheidung könnte vor dem Verfassungsgericht landen.

Der Präsident des Senats, Milos Vystrcil, hatte ausdrücklich davor
gewarnt, «die Kontrolltätigkeit des Parlaments auszuhöhlen». Auch
namhafte Juristen sahen in diesem Weg eine Umgehung des Parlaments
und einen «absoluten Verstoß gegen die Verfassung». Die Regierung
müsse nun endlich mit der Opposition zusammenarbeiten, forderte Ivan
Bartos von der tschechischen Piratenpartei.

Praktisch alle bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen bleiben unverändert
in Kraft. Es gelten weiter Ausgangsbeschränkungen und eine nächtliche
Ausgangssperre sowie eine Maskenpflicht im Freien und in Innenräumen.
Geschäfte des nicht-alltäglichen Bedarfs, Restaurants und Hotels sind
geschlossen. Für Ausländer besteht ein weitgehender Einreisestopp.

Sorgen bereitet den Behörden die ansteckendere britische
Virusvariante. Drei Corona-Hotspots in den Verwaltungsbezirken Cheb
und Sokolov im Westen und Trutnov im Norden Tschechiens sind von der
Außenwelt isoliert. Dort sind die Krankenhäuser massiv überlastet.
Ständig werden Covid-19-Erkrankte mit Rettungshubschraubern und
Krankenwagen in andere Landesteile verlegt. Etwas entspannter ist die
Situation im Osten Tschechiens, wo es noch viele freie Intensivbetten
gibt.

Deutschland hat Tschechien zum sogenannten Virusvariantengebiet
erklärt und vorübergehend stationäre Grenzkontrollen wieder
eingeführt. Die Politiker im Nachbarland halten sich bisher mit
Reaktionen zurück. Nur die Anti-Corona-Protestbewegung «Chcipl pes»
forderte die Regierung in Prag zu «Vergeltungsmaßnahmen» auf.