Wirtschaft erhofft von Corona-Treffen Öffnungsstrategie

Der Unmut in der Wirtschaft über den Corona-Kurs ist groß. Für
Dienstag hat Minister Altmaier nun mehr als 40 Verbände zu einem
«Wirtschaftsgipfel» geladen. Die erwarten mehr als nur Trostpflaster.

Berlin (dpa) - Die Wirtschaft hat klare Erwartungen an das
Corona-Treffen mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und hofft
auf Öffnungsperspektiven und Verbesserungen bei den Hilfszahlungen.
«Wenn das nun nur ein Trostgipfel sein soll, macht das keinen Sinn»,
sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE),
Stefan Genth, der Deutschen Presse-Agentur. Es müssten am Ende des
«Wirtschaftsgipfels» kommenden Dienstag echte Ergebnisse stehen.

«Das Gesamtpaket der Hilfsmaßnahmen passt auch nach monatelangen
Debatten noch immer nicht. Während die Hilfen im Schneckentempo
unterwegs sind, rasen die Insolvenzen durch die Fußgängerzonen.»
Genth sagte, er erwarte von Altmaier echte Perspektiven und
wirkungsvolle Hilfspakete. «Nicht mehr und nicht weniger.»

Altmaier lädt mehr als 40 Verbände am Dienstag zu einem
«Wirtschaftsgipfel» ein. Themen sind die aktuelle Lage der
Wirtschaft, die Beschlüsse von Bund und Ländern, die
Wirtschaftshilfen und mögliche Öffnungsperspektiven. Die Verlängerung

des Lockdowns bis zum 7. März war von betroffenen Branchen heftig
kritisiert worden. Außerdem beklagen Verbände eine schleppende
Auszahlung staatlicher Hilfen und zu viel Bürokratie.

Das Handwerk pocht auf eine «inzidenzbasierte Öffnungsstrategie».
Dafür müsse schnellstmöglich ein Öffnungsplan her, der die
Schwellenwerte konkretisiere und in dem festgelegt werde, ab welchen
Werten und unter welchen Bedingungen Betriebe ihre Arbeit wieder
aufnehmen können, sagte der Präsident des Zentralverbands des
Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag).

Familienunternehmen hoffen auf eine offene Diskussion über die
Hilfszahlungen und einen regional flexiblen Stufen-Öffnungsplan. «Wer
darf wann wieder öffnen beziehungsweise muss eventuell auch wieder
schließen, wenn die Infektionszahlen es erfordern», sagte der
Präsident des Verbandes Die Familienunternehmer, Reinhold von
Eben-Worlée. Eine regelbasierte Strategie würde willkürliche
Einzelfallentscheidungen überflüssig machen. «Es braucht einen
Automatismus. Damit würde man den Bürgern und Betrieben zumindest
eine Perspektive eröffnen.»

Ein klares Ausstiegsszenario fordert auch die Immobilienwirtschaft.
Angesichts von Monatskosten von 34 Milliarden Euro allein im Handel
seien verbindliche Aussagen zum Wann und Wie einer Öffnung nötig,
gleiches gelte für Hotelimmobilien, sagte der Präsident des
Spitzenverbandes der Immobilienwirtschaft ZIA, Andreas Mattner, den
Zeitungen der Funke Mediengruppe.

HDE-Vertreter Genth sagte weiter, mit Blick auf die Verlängerung des
Lockdowns dürften Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 750
Millionen Euro nicht weiter von der Überbrückungshilfe ausgesperrt
sein. Das «ist nicht nachvollziehbar und richtet im Einzelhandel
schweren Schaden an. Und für kleinere Betriebe muss dringend eine
Möglichkeit zur Auszahlung eines Unternehmerlohns geschaffen werden.
Ansonsten droht hier vielen Inhabern der Gang zum Sozialamt.» Gut
sei, dass es jetzt Abschreibungsmöglichkeiten gebe, jedoch bisher nur
für Winterware im Modehandel und nicht allgemein für Saisonware: «In

der Ausgestaltung aber ist das insgesamt deutlich zu kompliziert. Und
bei den Dezemberhilfen darf nicht nur die Gastronomie profitieren,
mit dieser Ungleichbehandlung muss Schluss sein.»

Aus Sicht von FDP-Fraktionsvize Michael Theurer müssten
Wirtschaftsminister Altmaier und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den
Wirtschaftsgipfel gemeinsam bestreiten. Noch besser wäre es, wenn
auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnehmen und damit ein Zeichen
pro Wirtschaft setzen würde. Am Ende des «Gipfels» «müssen konkre
te
belastbare Ergebnisse stehen, die zu schnellen Verbesserungen bei den
betroffenen Unternehmen führen».