Grenzkontrollen ruhig gestartet - Kritik an Maßnahmen

Seit Mitternacht gelten die verschärften deutschen Einreiseregeln zum
Schutz vor gefährlichen Varianten des Coronavirus. Es gibt auch
Kritik.

Schirnding/Kiefersfelden (dpa/lby) - Die verschärften deutschen
Einreiseregeln an der bayerischen Grenze zu Tschechien und Tirol
haben in der Nacht zu Sonntag weder für Staus noch für lange
Wartezeiten gesorgt. Der Start sei an allen Kontrollstellen
«unproblematisch» verlaufen, sagte ein Sprecher der
Bundespolizeidirektion München am Sonntagmorgen. Ministerpräsident
Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann beide (CSU) wollen
sich am Mittag am Grenzübergang Schirnding ein Bild von der Lage
machen.

Die neuen Regelungen sorgen für Unmut in den betroffenen
Nachbarstaaten und der EU. Vor allem über die Pendler-Frage wird
debattiert. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der «Bild
am Sonntag»: «Wer nicht zu einer der wenigen Ausnahmen gehört, kann
nicht einreisen.» Mit Wartezeiten sei zu rechnen. Einreisende müssen
sich vorab anmelden und bei der Einreise einen negativen Corona-Test
vorlegen. Das gelte auch für alle Lastwagenfahrer, hieß es.

Die Bundesregierung will mit dem Schritt das Einschleppen von wohl
ansteckenderen Coronavirus-Mutationen über die Grenze eindämmen. Nach
den Vorgaben aus Berlin dürfen seit Sonntag aus Tschechien und weiten
Teilen des österreichischen Bundeslandes Tirol nur noch Deutsche
sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland
einreisen. Ausnahmen bei der Einreise gibt es auch für
Gesundheitspersonal, Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal
im Güterverkehr. Auch wer aus wichtigen familiären Gründen kommt,
etwa zur Beerdigung eines Angehörigen, darf einreisen.

Die FDP Bayern rief Seehofer am Sonntag auf, die Maßnahmen
unverzüglich wieder aufzuheben. Mit erneuten Grenzschließungen
vergehe sich Seehofer abermals am europäischen Gedanken, sagte
Bayerns FDP-Generalsekretär Lukas Köhler am Sonntag. «Erst vor
wenigen Wochen hatten sich die EU-Staaten gegen pauschale
Grenzschließungen ausgesprochen - Seehofer torpediert diesen
gemeinsamen Weg nun für eine populistische Placebo-Maßnahme.» Es
entbehre jeglicher Logik, dass Menschen trotz negativem Coronatest
die Einreise verweigert werde.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sagte der «Augsburger
Allgemeinen» (Montag): «Die Furcht vor den Mutationen des Coronavirus
ist verständlich. Aber trotzdem gilt die Wahrheit, dass sich das
Virus nicht von geschlossenen Grenzen aufhalten lässt.» Der
slowakische Außenminister Ivan Korcok intervenierte bei Deutschlands
Bundesaußenminister Heiko Maas gegen Reisebeschränkungen für
Lastwagenfahrer. Laut dem Außenministerium in Bratislava ging es
dabei um die Vorschrift, an der Grenze einen höchstens 48 Stunden
alten Corona-Test vorzuweisen, um nach Deutschland einreisen zu
dürfen.

Tirol will den Lastwagenverkehr aus Italien vorab kontrollieren und
drosseln, um einen extremen Rückstau und einen Verkehrskollaps im
Inntal zu verhindern. «Wir lassen es nicht zu, dass Tirol der
Parkplatz Europas wird», erklärten Landeshauptmann Günther Platter
und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe. Die tschechische Feuerwehr
richtete wegen der Verschärfung kurzfristig ein zusätzliches
Corona-Testzentrum ein, wie ein Sprecher bei Twitter mitteilte.
Zielgruppe sind insbesondere Lkw-Fahrer.