Nach Beginn der Corona-Pandemie viel weniger Kinder im Krankenhaus

«Corona-Delle» bei Klinikaufenthalten von Kindern und Jugendlichen im
Norden. Mit der Pandemie gab es klare Rückgänge. Kinderärzte sind
besorgt.

Hamburg/Kiel (dpa/lno) - Die Corona-Pandemie hat in Schleswig-
Holstein die Gesundheitsversorgung von Minderjährigen erheblich
beeinflusst. Während des ersten Lockdowns im März und April 2020 gab
es laut Krankenkasse DAK 40 Prozent weniger Krankenhausbehandlungen
und 42 Prozent weniger Operationen bei Kindern und Jugendlichen bis
17 Jahren. Bis Ende Juni seien die Zahlen zwar auf Normalniveau
gestiegen, aber der Rückstand sei nicht wettgemacht worden.

Die Universität Bielefeld hatte im DAK-Auftrag die Daten von mehr als
40 000 Kindern und Jugendlichen ausgewertet. Die «Corona-Delle» sei
ein deutliches Warnsignal, sagte der Leiter der DAK-Landesvertretung,
Cord-Eric Lubinski. «Es darf nicht sein, dass notwendige Behandlungen
aus Angst vor Ansteckungen verschoben werden.»

Besonders auffällig sei der Rückgang bei psychischen Erkrankungen um
16 Prozent, hieß es. «Dies sind meist keine geplanten Behandlungen,
die einfach so verschoben werden», sagte Lubinski. Eine gute
Nachricht sei, dass es bei schweren Erkrankungen wie Krebs keine
Verschiebungen der Klinikaufenthalte gegeben habe. Logische
Konsequenz der Kontaktbeschränkungen sei ein Minus bei Behandlungen
wegen des allgemeinen Infektionsgeschehens und wegen Sturzunfällen.

«Sehr auffällig und beunruhigend ist ein dramatischer Rückgang bei
der stationären Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit
depressiven Episoden», sagte der Landesvorsitzende des
Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Ralf van Heek. Hier sei
die Hospitalisierungsrate um etwa 40 Prozent gesunken. Studien
zeigten zudem, dass die psychischen, sozialen und emotionalen
Beeinträchtigungen im jetzigen Lockdown noch erheblich gestiegen
seien. «Innerfamiliäre Konflikte bis hin zur häuslichen Gewalt
scheinen zuzunehmen», sagte van Heek. Dies decke sich mit den
aktuellen Erfahrungen der Kinder- und Jugendärzte in ihren Praxen.