Weniger Noten auf den Zeugnissen wegen Corona?

Den Endspurt bis zum Halbjahreszeugnis absolvieren die meisten
Schüler in Thüringen zu Hause. Doch Lehrer dürfen im
Distanzunterricht keine schriftlichen Leistungskontrollen benoten. Am
Ende könnten damit Zensuren für die Zeugnisse fehlen.

Erfurt (dpa/th) - Wegen der Einschränkungen im Schulbetrieb durch die
Corona-Pandemie rechnet der Chef des Thüringer Lehrerverbandes, Rolf
Busch, mit fehlenden Noten auf dem Halbjahreszeugnis. «Es wird mit
Sicherheit Leerstellen geben. Aber ich appelliere, damit gelassen
umzugehen. Es gibt derzeit wichtigere Dinge als Schulnoten», sagte
Busch der Deutschen Presse-Agentur. In Thüringen sind Schulen seit
Wochen geschlossen. Außerhalb der Ferien lernen die meisten Schüler
im Distanzunterricht.

Dabei ist es nach Angaben des Bildungsministeriums zwar grundsätzlich
auch möglich, Noten zu geben. Benotete schriftliche
Leistungskontrollen und größere Klassenarbeiten sind allerdings nicht
erlaubt, «da eine Prüfung der Eigenständigkeit der Leistungen
ansonsten kaum möglich ist», heißt es vom Ministerium. Solche
Kontrollen dürfen also nur im Präsenzunterricht durchgeführt und
anschließend benotet werden. Inhalte, die im Distanzunterricht
vermittelt wurden, dürfen in diesen Prüfungen aber durchaus abgefragt
werden.

Busch sagte, im Zweifel sei es besser, ein Schüler bekomme auf dem
Zeugnis mal keine Note als eine unfaire. «Es gibt solche Fälle, da
hatte ein Schüler im September einen schlechten Moment und hat durch
die Schulschließungen dann einfach keine Chance mehr bekommen, das
wieder auszubügeln», sagte Busch, der selbst Lehrer und Schulleiter
einer Regelschule ist. Jeder Lehrer müsse daher beim Schüler
individuell entscheiden, ob er angesichts der Bedingungen
verantworten könne, eine Zeugnisnote zu bilden oder nicht.

Ausnahmen seien etwa Abschlussklassen. Diese sind aber bereits seit
mehreren Wochen wieder in den Schulen, um sich dort auf ihre
anstehenden Prüfungen vorzubereiten - und können dementsprechend auch
schriftliche Leistungskontrollen und Klassenarbeiten schreiben.

In Thüringen soll es am 19. Februar Halbjahreszeugnisse geben. Wann
die Schulen wieder öffnen können, ist noch unklar. Thüringens
Bildungsminister Helmut Holter (Linke) hatte zuletzt in Aussicht
gestellt, dass es einen stufenweisen Wiedereinstieg in den
Schulbetrieb geben könnte. Demnach schlägt er vor, mit der Rückkehr
der Grundschulkinder zu beginnen, dann die fünften und sechsten
Klassen wieder in die Schulen zu lassen und später dann höheren
Klassenstufen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke)
hatte angedeutet, dass es noch im Februar mehr Präsenzunterricht an
den Schulen geben könnte.

Dennoch würden damit für einige Klassenstufen wohl erneut mehrere
Wochen des neuen Schulhalbjahres verstreichen, ohne dass Noten für
Klassenarbeiten und schriftliche Leistungskontrollen vergeben werden
könnten. «Was nicht passieren darf, ist, dass die Schüler nach
Öffnung der Schulen 14 Tage lang ohne Ende Noten bekommen», sagte
Busch.