Rosenmontag und keiner geht hin - Fastnacht in Corona-Zeiten Von Angelika Resenhoeft, dpa

Über die Stränge schlagen, teils aufwendig verkleidet: An den
Faschingstagen bis zum Aschermittwoch geht es vor allem in den
fränkischen Fastnachtshochburgen turbulent zu. Doch gemeinsames
Schunkeln ist heuer tabu - und so gehen die Narren digitale Wege.

Veitshöchheim (dpa/lby) - Auch wenn es für die Narren ein bitterer
Verlust ist - die fünfte Jahreszeit wird in diesem Jahr coronabedingt
für viele wenig spektakulär enden. Kein stundenlanges Schunkeln und
Klatschen bei den zahlreichen Faschingsumzügen vor allem in Franken.
Kein über die Stränge schlagen im sorgfältig ausgewählten Kostüm
in
den Stadthallen und Vereinsräumen der Fastnachtsgilden mit
Büttenreden, Tanzmariechen und Elferrat. Die Faschingszeit ist heuer
nahezu beschränkt auf ein paar tapfere Jecken und Vereine, die trotz
Pandemie online etwas auf die Bühne stellen. Egal ob Fasching,
Fastnacht oder Karneval - alles fällt aus.

«Wir leben weiterhin mit Kontaktbeschränkungen», mahnt der Präsiden
t
des Fastnacht-Verbands Franken, Marco Anderlik, in Veitshöchheim bei
Würzburg. «Karnevalisten sind sehr vorsichtige Menschen», daher
verlagerten viele ihr feucht-fröhliches Treiben nun gezwungenermaßen
ins Netz. Egal ob Online-Sitzungen oder Überlebenspakete für
Karnevalisten für zu Hause mit Pappnase und Konfetti: Bundesweit sind
die Narren in diesen auf Distanz angelegten Zeiten einfallsreich.

Der Erlenbacher Carneval Verein 1960 und der Oberndorfer
Carnevalverein «Die Rattel» etwa erinnern mit einem speziellen
Faschingslied an die vielfach trübe Fastnacht in der Corona-Krise:
«Wenn das Ganze da mal rum ist, ja dann geb mer wieder Gas», singen
die Unterfranken zu röhrenden Gitarrensounds.

Der Verein Coburger Narrhalla präsentiert auf Facebook und Youtube
kleine Faschingsspots für das heimische Spektakel auf dem Sofa. Die
Nürnberger Luftflotte des Prinzen Karneval grüßt alle
«Kratzbärscht'n» zur Weiberfastnacht mit Erinnerungen an die
unbeschwerteren Tage mit Tusch und co. Unter dem Motto «Cyberfasching
- Prunksitzung absagen kann jeder» gibt es Online-Auftritte von
fränkischen Solisten und Kleingruppen mit Schunkelmusik,
scharfzüngigen Sketchen und markigen Büttenreden.

«Ich möchte nicht, dass wir alle in Weltuntergangsstimmung
verfallen», sagt Pfarrer Thomas Eschenbacher, der in Hammelburg
(Landkreis Bad Kissingen) auch in diesem Jahr wieder eine
Faschingspredigt vorbereitet hat.

Ablenkung vom tristen Corona-Alltag möchten auch die Narren in
Niederbayern. Die Karnevalsgesellschaft Narragonia Regensburg 1848
verbindet Spaß und Soziales. «Unsere Idee ist, die Menschen dazu zu
bewegen, in ihrer nächsten Umgebung der Wohnung oder des Hauses
allein oder innerhalb der eigenen Familie in einem Faschingskostüm,
maskiert oder in einem lustigen Outfit spazieren zu gehen und dabei
Müll zu sammeln», erklärt Vereinspräsident Erich Lichtl.

Die Siegenburger Faschingsgesellschaft verkauft ihren traditionellen
Faschingsorden, den sonst nur das Prinzenpaar auf Bällen verleiht,
heuer im Internet für einen guten Zweck.

Schon die Sessionseröffnung am 11.11. fand coronabedingt via Youtube
und Facebook statt. Das Prinzenpaar der Landeshauptstadt München etwa
wurde digital gekrönt - üblicherweise findet die «Volkstümliche
Inthronisation» am Marienplatz im Beisein zahlreicher Faschingsfans
statt. Traditioneller Höhepunkt in München ist am Faschingsdienstag
der Tanz der Marktweiber auf dem Viktualienmarkt - nur eben nicht in
diesem Jahr. Bleibt die große bange Frage, ob denn wenigstens im
nächsten Jahr wieder richtig gefeiert werden kann.