Grenzkontrollen ab Sonntag - Bayern will mehr Ausnahmen für Pendler

Ab Sonntag kommen kaum noch Reisende aus Tschechien und Tirol über
die Grenze nach Deutschland. Vor allem die Frage, wie es nun mit den
Zehntausenden Berufspendlern weitergeht, sorgt für deutliche Kritik -
und für unterschiedliche Ansichten zwischen Berlin und Bayern.

München/Kiefersfelden/Passau (dpa) - Kurz vor dem Inkrafttreten der
Einreisebeschränkungen an den Grenzen zu Tschechien und dem
österreichischen Bundesland Tirol sind noch etliche Fragen offen.
Umstritten ist etwa die Regelung für Pendler. Bayern will nach dem
neuen Text der Einreise-Quarantäneverordnung Ausnahmen für
Grenzgänger und Grenzpendler, wenn deren Tätigkeit für die
Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und
unabdingbar ist und dies durch den Dienstherrn, Arbeitgeber oder
Auftraggeber bescheinigt wird. Dem Vernehmen nach gibt es von
Bundesseite aus aber noch Forderungen, die Ausnahmen enger zu fassen.
Unstrittig seien Ausnahmen für medizinisches Personal, hieß es.

Möglicherweise werde es zu einer abweichenden bundesgesetzlichen
Einreiseregelung kommen, die diese bayerische Vorschrift nur
eingeschränkt zur Wirkung kommen lasse, teilte ein Sprecher des
bayerischen Gesundheitsministeriums auf dpa-Anfrage mit. Pflicht ist
für alle Einreisenden ausnahmslos das Vorliegen eines negativen
Tests, der nicht älter ist als 48 Stunden. Zudem müssen sie sich
digital anmelden.

Die EU-Kommission hatte zuvor an Deutschland appelliert, Ausnahmen
für Pendler zuzulassen. Bundesinnenminister Horst Seehofer wies dies
jedoch entschieden zurück. Er sagte, die Bundesregierung werde nicht
«tatenlos zusehen, wie die Virus-Mutation zu uns rüber schwappt».
Grenzkontrollen im Herzen Europas seien schmerzhaft, aber derzeit
unumgänglich.

Auch der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter hatte sich empört
gezeigt, dass Deutschland keine Ausnahmen für Pendler vorsieht. Dies
würde tausenden Tirolern, die zur Arbeit nach Bayern pendelten, das
Arbeiten unmöglich machen. Grenzüberschreitendes gemeinsames Arbeiten
und Wirtschaften komme so gut wie zum Erliegen.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verteidigte
derweil die Grenzkontrollen bei der Einreise aus Tschechien. «Uns
bleibt nichts anderes übrig» sagte er am Samstag am Rande einer
Veranstaltung zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens im Zweiten
Weltkrieg. Der Kampf gegen die Pandemie mache an einer Grenze nicht
halt. Bislang sei die sächsische Linie gewesen, Regionen auf der
anderen Seite der Grenze genauso zu behandeln, als wären sie ein
Landkreis in Sachsen oder Deutschland.

In der tschechischen Region Eger liege die Zahl der Neuinfektionen
pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen bei 1100, sagte er. Bei einer
solchen Inzidenz hätte man in Sachsen sehr klare Regelungen wie
Ausgangssperren und die Schließung von Geschäften veranlasst, so
Kretschmer. «Wenn das jetzt auf tschechischer Seite anders ist, dann
müssen wir uns auch anders schützen. Bis jetzt, in den letzten
Wochen, haben wir ein gemeinsames Verständnis gehabt. Das scheint
jetzt gerade in der Tschechischen Republik anders zu sein», betonte
er.

Aus Sorge vor der Ausbreitung neuer Virusvarianten in Deutschland
sind von Sonntag an die Grenzen zu Tschechien und zum
österreichischen Bundesland Tirol so gut wie dicht. Dann treten dort
schärfere Einreiseregeln in Kraft, die streng kontrolliert werden
sollen.

Tschechien und Tirol sind gemäß Robert Koch-Institut (RKI) als
Gebiete mit besonders gefährlichen Virusmutationen eingestuft. Nach
den Vorgaben aus Berlin dürfen ab Sonntag aus Tschechien und weiten
Teilen des österreichischen Bundeslandes Tirol nur noch Deutsche
sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland
einreisen. Ausnahmen bei der Einreise gibt es auch für
Gesundheitspersonal, Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal
im Güterverkehr.

Es sei deutlich weniger los als sonst an Samstagen, sagte ein
Sprecher der Bundespolizei in Passau. Auch Pendler seien kaum
unterwegs. «Es gibt aber viele Anfragen von Bürgern, die unsicher
sind und wissen wollen, wie es weitergeht.»

Noch werde nicht lückenlos kontrolliert. «Es ist nicht so, dass wir
jedes Auto anhalten, aber wir schauen in jedes Fahrzeug hinein»,
sagte der Sprecher der Bundespolizei-Inspektion Rosenheim, Rainer
Scharf. Von Sonntag an wird das voraussichtlich etwas anders
aussehen. «Sehr wahrscheinlich werden wir bei jedem Fahrzeug
überprüfen, ob ein negatives Testergebnis vorliegt», sagte Scharf.