Verfassungsrechtler: Gesetzgeber muss Impfreihenfolge entscheiden

Berlin (dpa) - Der Staatsrechtler Udo Di Fabio hält eine Beteiligung
des Bundestags bei der Festlegung der Impfreihenfolge in Deutschland
für nötig. «Wer wann geimpft wird, diese Frage kann Auswirkungen auf

Leben und körperliche Unversehrtheit haben», sagte der ehemalige
Richter des Bundesverfassungsgerichts der Zeitung «Welt»
(Samstagsausgabe). Eine Verteilungsfrage, die Grundrechte berühre,
sei laut Verfassung dem Gesetzgeber vorbehalten. Die Verankerung von
fünf allgemeinen Impfzielen im Infektionsschutzgesetz, wie in einem
am Freitag im Bundestag vorgelegten Entwurf der Koalition vorgesehen,
reiche dafür aber «vermutlich» bereits aus.

Der Entwurf der Koalition sieht vor, Ziele wie etwa die «Reduktion
schwerer oder tödlicher Krankheitsverläufe» oder der «Schutz von
Personen mit besonders hohem tätigkeitsbedingtem Infektionsrisiko»
gesetzlich zu verankern. Diese Ziele sollen im Fall beschränkter
Verfügbarkeit von Impfstoffen zu berücksichtigen sein. Zuletzt waren
mehrfach Rufe nach stärkerer Beteiligung des Bundestags laut
geworden.

Die beschlossene Verlängerung des Lockdowns hält der Jurist mit Blick
auf die Mutation des Virus für vertretbar. Für Geimpfte müssten
allerdings die Einschränkungen aufgehoben werden, sobald
wissenschaftlich erwiesen sei, dass sie das Virus nicht übertragen
könnten. Grundrechtseingriffe seien für sie dann weder
verfassungsrechtlich noch ethisch zu rechtfertigen, sagte der
Staatsrechtler der «Welt». «Die Auffassung, man müsse solidarisch
sein, weil ja nicht für alle der Impfstoff da ist, überzeugt mich
nicht.»