Söder kritisiert Impf-Vordrängler - AWO-Landesverband will Aufklärung

Seit Tagen sorgen auch in Bayern Impf-Vordrängler aus Politik und
Kirche für Schlagzeilen. In Pflegeheimen wurde sogar manipuliert,
damit Privatpersonen schneller die Spritze bekommen. Jetzt sagt der
Ministerpräsident, was davon zu halten ist.

Augsburg/München (dpa/lby) - Nach den Berichten über Vordrängler und

Manipulationen bei den Corona-Impfungen verlangt Bayerns
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine strikte Einhaltung der
Regeln. «Keiner sollte sich vordrängen», sagte er am Freitag im
Landtag in München. Es dürfe nicht sein, dass auf der einen Seite
«sozusagen eher ein Büro komplett geimpft wird, anstatt die über
80-Jährigen, die es dringend brauchen und darauf warten».

Jüngst hatte es mehrere Fälle gegeben, in denen Personen geimpft
wurden, die eigentlich noch nicht an der Reihe waren. Neben
Kommunalpolitikern steht auch der Augsburger Bischof Bertram Meier in
der Kritik. Der 60-Jährige hatte sich impfen lassen, weil er als
Seelsorger in Altenheimen tätig sei und somit nach Ansicht des
Bistums wie Personal der Heime zu betrachten sei.

Im Fall von offenbar gezielten Manipulationen in Pflegeheimen der
Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Augsburg wächst der Druck auf den
zuständigen Regionalverband. Nach Recherchen der «Augsburger
Allgemeinen» hatten zwei AWO-Heimleiter ihre Lebenspartner als
Mitarbeiter ausgegeben, damit diese eine frühe Impfung erhielten. So
sei beispielsweise ein Kfz-Meister zum Pflegepersonal erklärt worden.

Der bayerische AWO-Landesverband verlangt von seinem Regionalverband
nun, die Vorwürfe aufzuklären. «Der Bezirksverband Schwaben wird
aufgefordert, den Landesverband über den Fortgang der Angelegenheit,
Ergebnisse der Prüfung und etwa gezogene Konsequenzen jeweils laufend
zu unterrichten», beschloss der Landesvorstand am Freitag.

Der Bezirksverband hat Unregelmäßigkeiten bei der Impfreihenfolge
eingeräumt und eine Untersuchung angekündigt. Fragen zu manipulierten
Mitarbeiterlisten wurden allerdings nicht konkret beantwortet.
Landesweit betreibt die AWO etwa 1900 Einrichtungen und hat rund
33 000 Mitarbeiter.

Auch die Stadt Augsburg hat nach eigenen Angaben die AWO
aufgefordert, zu den Vorgängen Stellung zu beziehen. Zudem werde
geprüft, welche Konsequenzen zu ziehen seien, teilte Augsburgs
Gesundheitsreferent Reiner Erben (Grüne) mit. Die AWO habe alle
Impfkandidaten in ihren Heimen «als Personal beziehungsweise
systemrelevant gemeldet», stellte er klar.

Zu den von den Vorwürfen betroffenen Politikern gehört Landrat Stefan
Rößle (CSU) und seine Stellvertreterin aus dem Kreis Donau-Ries.
Rößle hatte sich bereits Anfang Januar impfen lassen, mittlerweile
bedauert er dies.

Seine Behörde teilte nun mit, dass der Landrat die Aufsichtsbehörde
um eine disziplinarrechtliche Prüfung der vorgezogenen Impfung
gebeten habe. «Sobald die Stellungnahme der Regierung von Schwaben
vorliegt, wird in einer öffentlichen Sitzung des Kreisausschusses die
Thematik vollumfänglich aufgearbeitet werden», betonte das
Landratsamt.