Bettlägerige über 80 Jahre werden zu Hause gegen Corona geimpft

Rheinland-Pfalz ist bei den Erst- und Zweitimpfungen gegen Corona
bundesweit spitze. Jetzt sind auch bettlägerige Menschen zu Hause an
der Reihe - bisher unmöglich. Die Hausärzte könnten noch viel mehr
Spritzen setzen, aber der Impfstoff ist weiterhin knapp.

Mainz (dpa/lrs) - Als eines der ersten Bundesländer beginnt
Rheinland-Pfalz damit, bettlägerige und immobile Menschen zu Hause
gegen das Coronavirus zu impfen. Den Anfang machen am 1. März vier
ländliche Hausarzt-Pilotpraxen - in Bitburg, Mayen (beide Eifel),
Wendelsheim (Rheinhessen) und Münchweiler (Pfalz). «Soweit uns
bekannt ist, sind wir das erste Bundesland», sagte
Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) am Freitag
in Mainz.

Betroffen seien rund 20 000 bis 25 000 Menschen über 80 Jahre, die
nach der Festlegung des Bundes in die ersten Kategorie fallen und gar
nicht - oder nur unter allergrößtem Stress - in ein Impfzentrum
kommen könnten. «Diese Menschen hatten bislang bundesweit keine
Möglichkeit, geimpft zu werden», sagte Bäzting-Lichtenthäler.

«Die Impfung wird sehnsüchtig erwartet. Wir werden jeden Tag bei
unseren Hausbesuchen danach gefragt», sagte die Landesvorsitzende des
Hausärzteverbands, Barbara Römer. Der Impfstoff von Biontech/Pfizer
sei der einzige zugelassene, den diese Gruppe bekommen könne. Moderna
sei nicht transportfähig.

Die Zulassung des dritten Impfstoffs von Astrazeneca für Menschen bis
65-Jahre ermögliche es, mehr Menschen über 80 mit den Vakzinen von
Biontech und Moderna zu impfen, sagte die Ministerin. Eine
Wahlmöglichkeit des Präparats gebe es wegen der Impfstoffknappheit
nicht. «Jeder geimpfte Arm ist ein guter Arm», sagte Römer. Und die
Impfstoffe klar für verschiedene Gruppen vorgesehen.

Derzeit seien rund 123 450 über 80-Jährige im Terminpool der
Impfzentren registriert, sagte die Ministerin. Sie sollten bis Anfang
April ein Impfangebot bekommen. Die Landesregierung rechne von dieser
Woche an bis Ende März mit insgesamt mehr als 350 000 Dosen von
Biontech/Pfizer.

Die ersten Impfungen mit Astrazeneca sollen bereits an diesem Samstag
in den Impfzentren gesetzt werden. Dafür seien rund 22 000 unter 65
Jahre alte Beschäftigte aus den Berufen mit einem besonders hohen
Infektionsrisiko angeschrieben worden, die bereits im Terminpool
registriert waren. Dazu kämen etwa 10 000 Krankenhaus-Mitarbeiter.
Bis Ende Februar sollen sich alle aus dieser Gruppe impfen lassen
können. Bis dahin würden rund 86 400 Dosen Astrazeneca erwartet. Die
zweite Impfung werde nicht nach 28 Tagen wie bei Biontech/Pfizer,
sondern erst nach 9 bis 12 Wochen fällig.

Die Hausärzte könnten noch viel mehr Menschen impfen - jede Praxis
locker 20 pro Tag, wenn es genug Impfstoff gäbe, sagte Römer. «Die
meisten Patienten meiden derzeit die Hausarztpraxen.» Und: «Die
Grippe fällt dieses Jahr ja aus.» Masken-Tragen und Lüften nannte sie

als Grund. «Normalerweise laufen wir im ersten Quartal eines Jahres
über.»

Die Feststellung von Biontech, dass der Impfstoff unter bestimmten
Bedingungen doch transportiert werden könne, sei die Voraussetzung
für die Impfung zu Hause gewesen, sagte die Ministerin. Das
Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Impfstoffe und
biomedizinische Arzneimittel, habe die Transportfähigkeit am Dienstag
bestätigt.

Das Vakzin könne nach dem Verdünnen noch für sechs Stunden bei
Zimmertemperatur verwendet werden, müsse aber schüttelsicher
transportiert werden, sagte Römer. «Wir haben dafür stabile
Transportboxen.» Es sei auch kein Problem, jedes Mal die sechs Dosen
zu verimpfen. Was ein immobiler über 80-Jähriger sei, müsse der
Hausarzt selbst entscheiden dürfen, betonte Römer. Wenn Impfstoff in
den Impfzentren übrig bleibe, weil Termine kurzfristig nicht
wahrgenommen werden könnten, solle es Listen mit Ersatzkandidaten aus
der ersten Prioritätsgruppe für die Impfungen geben, sagte
Bätzing-Lichtenthäler. Das habe das Ministerium den Impfzentren
mitgeteilt.