Ausgangsbeschränkungen in mehr als einem Dutzend Kreise

In Hotspot-Kreisen soll nach dem Willen des Landes weiter eine
Ausgangsbeschränkung gelten. Nach einem Urteil des
Verwaltungsgerichtshofs gibt es dafür aber hohe Hürden. Die Kreise
prüfen deshalb sehr genau.

Stuttgart (dpa/lsw) - Mindestens 14 Stadt- und Landkreise in
Baden-Württemberg mit hohen Corona-Fallzahlen haben erneut eine
nächtliche Ausgangsbeschränkung erlassen. Dies geht aus einer Liste
hervor, die das Sozialministerium in Stuttgart am Freitag auf seiner
Webseite veröffentlichte. Nicht alle Kommunen, die aus Sicht der
Landesregierung als Corona-Hotspot gelten, haben sich bislang zu
diesem Schritt entschlossen.

Das Ministerium hatte Städte und Kreise mit mehr als 50
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen
verpflichtet, Ausgangsbeschränkungen zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr
zu erlassen. Nach Angaben des Landesgesundheitsamts lagen am Freitag
(Stand: 16.00 Uhr) 21 Stadt- und Landkreise über dem Wert von 50 bei
der sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz.

Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Alexis von Komorowski,
sagte am Freitag, er habe sich für die Ausgangsbeschränkungen
eigentlich eine Verordnung auf Landesebene gewünscht. Den Kreisen
würde nun eine Gefahrenprognose abverlangt, da sie prüfen müssten, ob

alle anderen Mittel zur Eindämmung des Infektionsgeschehens
ausgeschöpft seien. Dass bislang nicht in allen Kreisen mit einer
Inzidenz über 50 Ausgangsbeschränkungen erlassen wurden, erklärt von

Komorowski mit den rechtlichen Hürden. «Das zeigt, dass sich alle
Kreise an den Erlass halten.» Seien nicht alle Kriterien gegeben,
dürften die Kreise gar keine Ausgangsbeschränkung erlassen.

Auch die Sprecherin des Städtetages Baden-Württemberg, Christiane
Conzen, betonte, es gebe keinen Automatismus, der eine
Ausgangsbeschränkung erfordere, wenn ein Kreis über 50 bei der
Sieben-Tage-Inzidenz liege. Die jeweils zuständige Behörde müsse
selbst prüfen, ob eine Ausgangsbeschränkung zu erlassen ist. Derzeit
sei Ulm der einzige Stadtkreis, der den Schwellenwert überschreitet
und für den keine regionale Ausgangsbeschränkung gelte, teilte Conzen
mit. Doch die «knappe Überschreitung des Schwellenwerts» und der
«deutliche Abwärtstrend» könnten Gründe sein, die Regelung nicht

einzuführen.

Neben dem Überschreiten der 50er-Inzidenz an sieben Tagen in Folge
sieht der Erlass noch weitere Kriterien vor: Es muss ein «diffuses
Infektionsgeschehen» feststellbar sein. Davon spricht man, wenn ein
Anstieg der Infektionen nicht einem bestimmten Ort zugeordnet werden
kann - beispielsweise einem Pflegeheim. Zudem müssen alle bislang
getroffenen anderen Schutzmaßnahmen eine wirksame Eindämmung der
Verbreitung nicht verhindern können. Die neuen Ausgangssperren sollen
wieder aufgehoben werden, sobald die Sieben-Tage-Inzidenz mindestens
drei Tage in Folge unter 50 liegt.

Nach Überzeugung des Mannheimer Polizeipräsidenten haben die
Ausgangsbeschränkungen dazu beigetragen, dass sich das Coronavirus
deutlich gebremst ausgebreitet hat. «Zwei Wochen, nachdem die Stadt
Mannheim als erste Kommune die Ausgangssperre eingeführt hatte, ging
die Zahl der Neuinfektionen anders als in den Nachbarkreisen zurück»,
erläuterte Andreas Stenger. Mannheim hatte bereits am 4. Dezember
2020 Ausgangssperren erlassen. Landesweit wurde erst Mitte Dezember
verboten, sich zwischen 20.00 Uhr abends und 5.00 Uhr morgens ohne
triftigen Grund draußen aufzuhalten. «Das zeigt, dass die
Ausgangssperre durchaus ein probates Mittel sein kann, die Ansteckung
mit dem Virus einzudämmen», so Stenger.

Der Erlass wurde den Kommunen erst am späten Mittwochabend
zugestellt. Die Landesregierung wollte ursprünglich erreichen, dass
über Fastnacht keine Lücke bei den Ausgangsbeschränkungen entsteht.
Zuvor hatte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim die bisherigen
landesweiten Ausgangsbeschränkungen gekippt. Sie waren an diesem
Donnerstag ausgelaufen.