Winterwunderland ohne Skifahrer - Liftbetreiber «blutet das Herz» Von Andreas Hummel, dpa

Der Corona-Lockdown hat Skifahrern, Snowboardern und Liftbetreibern
die diesjährige Wintersaison vermasselt. Dabei bedeckt derzeit
herrlicher Naturschnee die Hänge im Erzgebirge.

Holzhau (dpa/sn) - Schnee liegt im Erzgebirge reichlich, aber an den
Skihängen ist coronabedingt nichts los. «Da blutet einem das Herz»,
sagt der Betreiber des Skigebiets Holzhau (Landkreis Mittelsachsen),
Alexander Richter. «Langlauf darf man machen, auch joggen, aber
alpiner Skisport ist nicht möglich - wer soll das verstehen?» Er
fordert, Skigebiete für eine begrenzte Personenzahl öffnen zu dürfen.


Frage: Sachsen ist von einer dicken Schneeschicht bedeckt. Wie ist
die Lage bei Ihnen im Osterzgebirge? 

Antwort: Wir haben hier in Holzhau einen knappen Meter Naturschnee.
Eine Situation mit derart viel Pulver-Naturschnee und so einer
stabilen Wetterlage hatten wir das letzte Mal vor 15 Jahren.

Frage: Ideale Bedingungen für Skifahrer, aber die Lifte stehen
coronabedingt den ganzen Winter still.

Antwort: Ja, da blutet einem das Herz. Wir können zwar technisch bei
der Beschneiung nachhelfen, so dass wir in den vergangenen Jahren
immer einen Durchschnitt von 79 Skilift-Tagen hatten. Aber eigentlich
müssen wir in einem guten Winter wie jetzt Geld für schlechtere
Winter in den nächsten Jahren mitverdienen. Wenn die Lifte offen
wären, hätten wir täglich 300 bis 400 Leute auf dem Hang.

Frage: Im Januar hat die Landesregierung die alpine Skisaison
abgesagt und angekündigt, Einbußen kompensieren zu wollen. Ist das
seither geschehen?

Antwort: Nein, da ist bisher nichts passiert. Es sind ein paar
hunderttausend Euro, die fehlen. Dafür brauchen wir einen adäquaten
Ausgleich, um eine Perspektive für die kommenden Jahre zu haben. Ich
habe meine Mitarbeiter entlassen oder in Kurzarbeit schicken müssen.
Dabei wäre der herrliche Winter jetzt gerade eine geniale Werbung für
unser Tal hier. Auch das betrübt mich sehr.

Frage: Um auf die Misere aufmerksam zu machen, haben Sie eine
Schneekanone im Internet zum Verkauf angeboten. Das klingt nach
Ausverkauf. Haben Sie ans Aufhören gedacht? 

Antwort: Ja, na klar. Wenn wir keine Einnahmen haben, können wir auch
keine Rechnungen bezahlen. Für die Kanone gibt es Interessenten -
einer will sie kaufen und uns im Winter weiterhin zur Verfügung
stellen. Wir haben sie aber noch nicht verkaufen müssen, weil sehr
viele Spenden eingegangen sind.

Frage: Der Spendenaufruf hat bisher mehr als 22 000 Euro eingebracht.
Die Hilfsbereitschaft scheint in der Corona-Zeit zu wachsen.

Antwort: Wir haben sehr viele Briefe, E-Mails und Anrufe bekommen, in
denen uns Menschen motiviert haben, weiterzumachen. Für sie hängen
brutal viele Erlebnisse und Emotionen hier dran. Das ist Wahnsinn und
hat uns überwältigt. Ich habe aber erfahren, dass die Spenden wohl
auf mögliche Überbrückungshilfen angerechnet werden. So etwas ist
absolut unverständlich, da muss sich was ändern.

Frage: Was wäre Ihre Lösung für die momentane Situation?

Antwort: Die Skigebiete sollten zumindest für eine begrenzte Zahl von
Skifahrern öffnen dürfen. Langlauf darf man machen, auch joggen, aber
alpiner Skisport ist nicht möglich - wer soll das verstehen? Wir
haben hier in Holzhau 50 Hektar befahrbare Fläche, auf der sich die
Skifahrer verteilen. Ich wäre gern bereit, ein Musterskigebiet zu
etablieren, um alpinen Skisport unter Corona-Bedingungen zu erproben.

ZUR PERSON: Alexander Richter betreibt das Skigebiet in Holzhau,
einem Ortsteil von Rechenberg-Bienenmühle im Osterzgebirge, nach
eigenen Angaben seit mehr als 25 Jahren. Dazu gehören auch eine
Ski-Schule und eine Berghütte. Der 49-Jährige ist Vater von zwei
Kindern.