Sachsen will Pendler einschränken - verschärfte Maskenpflicht geplant

Da die Infektionen im Nachbarland Tschechien durch die Decke gehen,
will Sachsen Pendler deutlich beschränken. Das Nachbarland schottet
Hotspots auch selbst ab.

Dresden (dpa/sn) - Sachsen will angesichts drastischer Corona-
Inzidenzen in Tschechien den Pendler-Verkehr deutlich einschränken.
Das Abschotten bestimmter Hotspots sei dringend erforderlich, sagte
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Donnerstag in Dresden.
Die Lage im Nachbarland spitze sich zu, in zwei Regionen gebe es eine
Inzidenz von mehr als 1000. Die britische Mutation des Virus sei dort
auf dem Vormarsch. Er habe dem tschechischen Ministerpräsidenten
Andrej Babi? erneut Hilfe angeboten.

Ausnahmen vom Pendler-Stopp soll es im Bereich der Krankenhäuser und
Pflegeheime sowie in der Ernährungs- und Landwirtschaft geben.
«Darüber hinaus werden wir keine Ausnahmen machen können», sagte
Kretschmer. Tägliche Tests sollen zur Pflicht werden. Die Industrie-
und Handelskammer Dresden appellierte an Firmen, sich rechtzeitig
Gedanken über eine drohende Grenzschließung zu machen. Wie bisher
will Sachsen einen Zuschuss von 40 Euro pro Nacht zahlen, wenn
Pendler am Arbeitsort bleiben, wie Kretschmer sagte.

Wegen massiver Infektionszahlen schottet Tschechien drei Grenzbezirke
nun von der Außenwelt ab. Wer dort wohne, dürfe den jeweiligen Bezirk
nicht mehr verlassen, sagte Gesundheitsminister Jan Blatny in Prag.
Leute von außerhalb würden nicht hereingelassen. Betroffen sind die
Bezirke Cheb (Eger) und Sokolov (Falkenau) an der Grenze zu Bayern
sowie Trutnov (Trautenau) im Dreiländereck zu Polen und Sachsen.

Sozialministerin Petra Köpping (SPD) informierte am Donnerstag über
Eckpunkte der neuen Corona-Verordnung, die am Freitag beschlossen
werden soll und zum größten Teil schon bekannt ist. Demnach wird
Sachsen ab kommenden Montag Kitas und Grundschulen eingeschränkt
wieder öffnen. Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz (Neuinfektionen pro
100 000 Einwohner in sieben Tagen) an fünf aufeinanderfolgenden Tagen
von 100 überschritten ist, müssen sie aber wieder schließen.

Köpping zufolge bleiben alle Kontaktbeschränkungen in Kraft. Friseure
sollen ab 1. März öffnen dürfen, Personal und Kunden dann
medizinische Masken tragen. Ob es eine Pflicht zur wöchentlichen
Testung der Beschäftigten gibt, werde derzeit noch geprüft. Gleiches
gelte für die Öffnung der Fußpflege, auf die viele Menschen
angewiesen sind. Zudem plane man eine Pflicht zum Tragen
medizinischer Masken im Auto, wenn mehr als ein Hausstand mitfährt.

Musikschulen sollen Einzelunterricht anbieten können, vor allem wenn
es um die Studienvorbereitung geht. Zudem soll das Bestell- und
Abholsystem «Click and Collect» gestattet sein. Bund und Länder
hatten sich darauf verständigt, weitere Lockerungen bei einer
Inzidenz von weniger als 35 zu ermöglichen. Die neue Verordnung gilt
bis 7. März.

Aus den Reihen der Opposition gab es Kritik. Linke-Fraktionschef Rico
Gebhardt bezweifelte, ob Kitas und Grundschulen mit Blick auf Tests
und Lüftungsmöglichkeiten ausreichend vorbereitet sind. Er verstehe
die Ungeduld vieler Eltern und Kinder, fürchte aber, dass die
Regierung «Roulette spielt». «Wir wissen noch nicht, wie stark
Mutationen das Infektionsgeschehen anheizen. In unserem Nachbarland
Tschechien grassiert bereits die hochansteckende Variante B.1.1.7.»

«Den Lockdown in einer Endlosschleife fortzuführen, ist das Gegenteil
einer vernünftigen Politik», sagte AfD-Fraktionschef Jörg Urban. Der

Maßstab für Corona-Verbote werde «willkürlich und ständig»
verschoben. Dies geschehe ohne eine stichhaltige wissenschaftliche
Begründung. Der Frust der Einzelhändler, Gastronomen, Sportvereine
und aller anderen Betroffenen sei sehr gut nachvollziehbar.

Die FDP beklagte eine «Perspektivlosigkeit für weite Bereiche des
öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens». Dass jetzt auch Sachsen
einen Inzidenzwert von 35 statt 50 anstrebt, verschiebe
Öffnungsschritte auf den Sank-Nimmerleins-Tag, erklärte der Dresdner
Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst.