Pflegeheimleiter sollen Lebenspartnern Impfungen verschafft haben

Als die Corona-Impfstoffe kamen, wurden die Pflegeheime als erste
versorgt. Die Bewohner und die Mitarbeiter sollten schnell geschützt
werden. In Schwaben wurden deshalb wohl Lebenspartner von Heimleitern
eiligst zu Altenpflegern erklärt.

Augsburg (dpa/lby) - In Bayern gibt es immer neue Berichte über
Vordrängler bei den Corona-Impfungen. Nachdem bereits
Kommunalpolitiker und der Augsburger Bischof Bertram Meier wegen
früher Impfungen in die Kritik gerieten, wurden nun mögliche
Manipulationen bei der schwäbischen Arbeiterwohlfahrt (AWO) bekannt.

Nach einem Bericht der «Augsburger Allgemeinen» wurden in AWO-Heimen
die Impfteams gezielt getäuscht, damit zwei Lebenspartner von
Heimleitern Impfungen erhielten. Die zwei Betroffenen seien als
Mitarbeiter ausgegeben worden, obwohl sie nicht in den Einrichtungen
arbeiteten.

Der AWO-Bezirksverband räumte am Donnerstag Unregelmäßigkeiten bei
Impfungen in eigenen Pflegeheimen ein. Auf Nachfragen zu den Fällen
der Heimleitungen äußerte sich der Verband zwar nicht konkret, es sei
allerdings «offensichtlich zu nicht hinnehmbaren Veränderungen der
vorgegebenen Reihung» bei den Impfungen gekommen. Der
AWO-Verwaltungsrat werde dies prüfen «und gegebenenfalls Konsequenzen
herbeiführen», hieß es in einer Stellungnahme.

Der Vorsitzende des AWO-Landesverbandes machte klar, dass es zu
missbilligen sei, wenn Impfungen auf die beschriebene Art erschlichen
worden seien. «Ich erwarte, dass bei Impfungen in AWO-Heimen in
Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Impfärzten die Vorschriften
in jeder Weise eingehalten werden», sagte Bayerns AWO-Chef Thomas
Beyer.

Nach Angaben der Zeitung ließen sich auch der Vorstandsvorsitzende
der AWO Schwaben und zwei weitere führende Mitarbeiterinnen impfen.
In diesen Fällen verteidigte der Bezirksverband die Impfungen. Der
Vorstandschef führe 25 Heime mit 1900 Bewohnern und 1500 Mitarbeitern
und sei beinahe täglich unmittelbar mit den Häusern in Kontakt. Auch
die beiden Mitarbeiterinnen seien «immer wieder vor Ort» tätig.

Die bayerische Diakonie machte klar, dass sie in ihren Heimen die
Beschäftigten umfassend impfen lasse. Auch Heimleitung,
Reinigungskräfte und Mitarbeiter der Buchhaltung erhielten das
Angebot. Diese könnten sonst ihre Kolleginnen und Kollegen anstecken,
begründete Sprecher Daniel Wagner.

Die Caritas München und Oberbayern kritisierte es als unsozial, dass
sich manche bei den Impfungen Vorteile verschaffen wollen. «Wir
halten uns strikt an die Vorgaben und Verordnungen. Die Haltung
unseres Vorstands und der Leitungskräfte ist: «Impfen ja klar - wenn
ich dran bin»», teilte die Caritasorganisation mit.

In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass auch hochrangige
Kommunalpolitiker und Bischof Meier sowie sein Generalvikar bereits
geimpft worden sind. Das Bistum begründete dies damit, dass der
Bischof in Pflegeheimen als Seelsorger arbeite und somit wie Personal
der Heime anzusehen sei. Andere bayerische Bischöfe haben sich nach
Angaben ihrer Diözesen bislang nicht impfen lassen.

Die Politiker erklärten, sie seien gefragt worden, ob sie sich
kurzfristig impfen lassen wollten, nachdem Impfdosen übrig geblieben
seien. «Dass sich politische Mandatsträger vordrängeln, spricht für

sich und nicht gerade für eine soziale Einstellung», kommentierte die
Münchner Caritas.

Für Diskussionen sorgt unterdessen auch der Vorstoß von Bayern
Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Er hatte bei «Sport1»
eine frühe Impfung von Fußballprofis angeregt. Die Kicker könnten
Vorbilder bei der Impfung sein.

Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte hält von dieser Idee
überhaupt nichts: «Was mich an diesem Spruch besonders gewundert hat,

ist, wie man simples Vordrängeln «Ich will zuerst geimpft werden»
dann noch versucht, als Realisierung einer gesellschaftlichen
Vorbildfunktion zu verkaufen», meinte der SPD-Politiker.