Ministerium: Jüngere Schüler und Abschlussjahrgänge zuerst

Nach wochenlangem Distanzlernen läuft der Unterricht in NRW bald
wieder Schritt für Schritt in den Klassenräumen an. Der Plan ist
komplex und nicht sofort ganz einfach zu durchschauen. Die Jüngeren
gehören zu den Ersten.

Düsseldorf (dpa/lnw) - Eine schrittweise Rückkehr in die Klassenräume

nach wochenlangem Distanzunterricht läuft in Nordrhein-Westfalen bald
an. In NRW sollen Grundschüler und Förderschüler der Primarstufe ab

22. Februar in festen Lerngruppen und im Wechselmodell wieder in die
Schulen zurückkehren. Dabei sollten alle im selben Umfang Präsenz-
und Distanzunterricht erhalten, hieß es in einer Mail des
Schulministeriums, die am Donnerstag an die Schulen ging.

Im Wechselmodell seien Stundentafeln und Kernlernpläne weiter gültig.
Beim Präsenzunterricht sollten Deutsch, Mathematik und Sachunterricht
im Vordergrund stehen. Die Kinder sollen maximal fünf Tage zuhause
unterrichtet werden, dann müsse es einen Wechsel geben. Außerdem
kehren auch die Abschlussjahrgänge ab dem 22. Februar in den
Präsenzmodus zurück.

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) kündigte in einer Sondersitzung
des Landtags an: Wenn die Corona-Zahlen unter die Marke von 50
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen sinken, würden
zuerst die Grundschulen wieder in den vollen Präsenzunterricht gehen.
Nächster Schritt sei dann, dass die anderen Jahrgänge in
Wechselmodelle «oder gleich in den Präsenzunterricht» gingen.

Die Marke 50 und darunter bezeichnete Gebauer als «Richtschnur», um
weitere Möglichkeiten und Schritte zu eröffnen. «Wie, wer und wann
genau ab einer 50er Inzidenz, also Schülerinnen und Schüler welcher
Altersgruppen, welcher Jahrgangsstufen dann in welchem Rhythmus
wieder in die Schulen kommen, das entscheiden wir dann in der
Landesregierung neu», erläuterte sie in einem Pressegespräch. «Wir

holen jetzt zunehmend Schülerinnen und Schüler aus dem
Distanzunterricht wieder zurück in die Schulen», erklärte sie.

Für den Kauf von Luftfiltern habe das Land ein Programm über 50
Millionen Euro aufgelegt, von denen bisher aber nur 20 Millionen Euro
abgerufen worden seien. Obwohl der Förderzeitraum eigentlich jetzt
abgelaufen sei, würden unmittelbar eingehende Anträge noch
angenommen. Für die Ferien- und Förderprogramme stünden insgesamt 36

Millionen Euro bis einschließlich der Sommerferien 2022 bereit.

Die Regierungschefs der Länder und Kanzlerin Angela Merkel (CDU)
hatten vereinbart, den Lockdown bis zum 7. März für weite Bereiche zu
verlängern, den Ländern aber beim Vorgehen in den Schulen freie Hand
zu lassen. In der Schulmail heißt es, nur bei den Abschlussklassen
könne Unterricht «auch in voller Klassenstärke» ermöglicht werden
.
Wenn räumlich und personell machbar, sei auch eine Teilung oder ein
Hybridmodell wählbar. Die konkrete Gestaltung liegt bei den Schulen.

Zur Bekämpfung der Pandemie hatte Nordrhein-Westfalen mit seinen rund
2,5 Millionen Schülern Mitte Dezember vollständig auf Distanzlernen
umgestellt. Schüler der weiterführenden Schulen, die sich nicht in
einer Abschlussklasse befinden, brauchen noch Geduld: Sie werden auch
nach dem 22. Februar 2021 zunächst weiter auf Distanz unterrichtet.
Mit Ausnahme der gymnasialen Oberstufe Q1, weil deren Leistungen in
die Abiturnote einfließen, wie es in der Schulmail heißt. Auch sie
sollen zu den ersten Rückkehrern gehören.

Eine womöglich enttäuschende Nachricht für viele: In NRW sind
Klassenfahrten wegen der pandemiebedingten Unsicherheiten bis zum 5.
Juli untersagt. Dazu soll es in Kürze einen Runderlass geben.

Für die Schüler, die ab dem 22. Februar bei der schrittweisen
Rückkehr in den Präsenzunterricht den Anfang machen sollen, gilt: Der

Sportunterricht solle grundsätzlich stattfinden. Wenn es die
Witterung zulasse, solle das im Freien geschehen. In der Halle muss
aber dem Ministerium zufolge eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen
werden - außer bei intensiver Ausdaueranstrengung.

Das Modell löste Skepsis wie auch Zustimmung aus. Der Verband Bildung
und Erziehung mahnte, der Infektionsschutz müsse weiter im
Mittelpunkt stehen. Bis Ostern will das Land dem Schulpersonal zwei
Corona-Tests pro Woche ermöglichen. Außerdem werde es täglich zwei
FFP-2-Masken geben.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW kritisierte
es als «riskant», dass Abschlussklassen auch ungeteilt in die Schulen
kommen könnten. Präsenzunterricht sei nur in kleinen Klassen möglich.

Außerdem müsse das Ministerium landesweit regeln, «dass vor den
Osterferien keine Klassenarbeiten mehr geschrieben werden sollen und
feste Gruppen in der Sekundarstufe I gebildet werden», verlangte die
Landesvorsitzende Maike Finnern. Und um Präsenz- und
Distanzunterricht, Betreuung und Ganztagsangebote anzubieten, brauche
es mehr Personal.

Der Landkreistag begrüßte das angekündigte weitere Vorgehen. Schule
,
Bildung und Kinderbetreuung hätten «absolute Priorität», Kindern un
d
Familien werde im Lockdown viel zugemutet. Auch wenn die Schulen in
NRW bald wieder schrittweise für den Präsenzunterricht geöffnet
werden, sollte das Distanzlernen gesetzlich verankert werden,
forderte eine Expertin. «Das Distanzlernen gehört ins Schulgesetz und
bedarf der Förderung», sagte Sarah Lichtenberger, die Leiterin der
einzigen reinen Internetschule bundesweit. Das sei eine Lehre aus den
langen Schulschließungen.