Kretschmann warnt vor dritter Welle - Kitas und Grundschulen öffnen

Manche sprechen vom «Endlos-Lockdown»: Nochmal drei Wochen daheim
bleiben, obwohl die Infektionszahlen doch sinken. Ministerpräsident
Kretschmann sieht ein «Damoklesschwert» auch über Baden-Württemberg

hängen.

Stuttgart (dpa/lsw) - Baden-Württemberg zieht bei der Verlängerung
des Corona-Lockdowns um weitere drei Wochen bis zum 7. März mit, will
aber Kitas und Grundschulen nach den Faschingsferien schrittweise
wieder öffnen.

Bund und Ländern seien sich am Mittwoch bei ihrer Konferenz einig
gewesen, dass der Lockdown an dieser Stelle zuerst gelockert werden
solle, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Abend
in Stuttgart. «Und deshalb werden wir am 22. Februar schrittweise die
Grundschulen öffnen.» Für Kitas soll dasselbe gelten. Voraussetzung
ist für beide Öffnungen, dass die Infektionszahlen diese zulassen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte darauf gedrungen, erst zum 1.
März Kitas und Grundschulen wieder zu öffnen. Das wollten sich die
Länder jedoch nicht vorschreiben lassen.

Zudem gibt es bundesweit eine weitere Lockerung: Friseure dürfen ab
dem 1. März bundesweit wieder öffnen. «Mehr ist im Augenblick leider

nicht zu verantworten», sagte Kretschmann.

Der Regierungschef warb um Verständnis dafür, dass der Lockdown mit
den weitgehenden Kontaktbeschränkungen bis zum 7. März grundsätzlich

weiter geht. Auch wenn die Infektionszahlen im Südwesten auf dem
bundesweit niedrigsten Stand seien, drohten die hochansteckenden
Virusmutationen diesen Erfolg wieder zunichtezumachen. Deswegen sei
es noch zu früh für weitere Lockerungen. «Wir dürfen jetzt nicht
nachlassen, sonst riskieren wir eine dritte Welle», warnte der
Grünen-Politiker. «Es wären dann noch härtere Maßnahmen notwendig
,
als wir sie jetzt schon haben.» Merkel wollte den Lockdown eigentlich
gleich bis zum 14. März verlängern. Doch hier gab es Widerstand der
Länder, auch aus Baden-Württemberg.

Sollte die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen bis zum
7. März stabil unter 35 gesunken sein, sollen die Länder die
Beschränkungen jeweils schrittweise lockern können. Dann sollten
zuerst der Einzelhandel, Museen und Galerien sowie Betriebe mit
körpernahen Dienstleistungen unter konkreten Auflagen wieder
aufmachen können.

Offen blieb, wie es für Restaurants, Hotels, Museen, Clubs, Theater
und Konzerthäuser sowie den Amateursport weitergehen soll. In dem
Beschluss von Bund und Ländern heißt es lediglich, man arbeite
«weiter an der Entwicklung nächster Schritte der sicheren und
gerechten Öffnungsstrategie. Kretschmann erklärte, ein fester
Stufenplan würde aus seiner Sicht niemanden etwas bringen. «Es gibt
immer wieder Entwicklungen, die niemand vorhersehen kann.» Man bewege
sich auf «dünnem Eis».

Der Regierungschef sagte, die Mutationen begönnen sich auch im
Südwesten auszubreiten. «Wir müssen damit rechnen, das sagen uns die

Experten, dass sie schon im März die dominanten Viren sein könnten.»

Dies hänge wie ein «Damoklesschwert» über dem Land. Das einzig
wirksame Mittel gegen das alte Coronavirus und die neuen Varianten
sei weiter größte Vorsicht walten zu lassen. Er appellierte an die
Menschen, sich weiter daran zu halten, dass ein Haushalt sich nur mit
einer weiteren Person treffen darf. Man dürfe auch bei Freunden und
Verwandten keine Ausnahme machen, nur weil man sie besser kenne. «Da
spielen uns unsere Gefühle einen Streich», warnte er.

Der Ministerpräsident lobte aber auch die Disziplin der
Baden-Württemberger und verwies auf die neuesten Infektionszahlen.
Der wichtige Corona-Richtwert, die Sieben-Tage-Inzidenz, nähert sich
im Südwesten der Schwelle 50. Wie das Landesgesundheitsamt mitteilte,
wurden in den vergangen sieben Tagen 55,9 neue Infektionsfälle je 100
000 Einwohner registriert. «Das sind ermutigende Zahlen», sagte
Kretschmann.

Er verglich den Kampf gegen Corona mit einem Fußballspiel: «In der
ersten Halbzeit lagen wir 0:2 hinten, doch wir haben uns
zurückgekämpft. Jetzt steht es 3:2 gegen das Virus. Es hat aber drei
neue Spieler eingewechselt und es sind drei gefährliche Spieler.» Das
Land könne nur gewinnen, «wenn wir dranbleiben und gut verteidigen».