Kretschmer verteidigt Kita-Öffnung - Ausblick auf weitere Lockerungen

Die Corona-Pandemie bleibt eine Geduldsprobe. Nachdem Sachsen am
Dienstag bereits Lockerungen für den Einzelhandel sowie Kitas und
Grundschulen verkündet hat, gibt es nun eine Perspektive für
Friseure.

Dresden (dpa/sn) - Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer
(CDU) hat die Öffnung von Grundschulen und Kitas im Freistaat ab
kommenden Montag verteidigt und einen Ausblick auf weitere
Lockerungen gegeben. «Wenn wir bei einer Inzidenz von unter 35 sind,
können auch weitere Schritte der Lockerungen erfolgen», sagte er am
Mittwochabend beim Sender RTL/ntv. Darüber werde man im März
miteinander sprechen. Man müsse aber vorsichtig sein. Die einzige
Chance sei, Kontakte und Mobilität im Grundsatz zu vermeiden.

Mit Blick auf die Öffnung von Kindertagesstätten und Grundschulen
äußerte er sich am Abend unter anderem im «MDR»-Sachsenspiegel. Es

gelte verschiedene Schutzgüter zu berücksichtigen. Die psychische
Gesundheit von Kindern, Jugendlichen und Familien gehöre genauso dazu
wie der Aspekt der Bildung. «Viele Kinder freuen sich darauf. Kinder
brauchen Kinder, diese Möglichkeit wollen wir jetzt schaffen.» Die
Öffnung werden von einem Testregime begleitet. Sollte die Zahl der
Infektionen wieder steigen, werde man die Maßnahmen zurückfahren.

Die für kommenden Montag geplante Öffnung sorgt in Sachsen für ein
geteiltes Echo: Die Bildungsgewerkschaft GEW warf der Regierung vor,
«grundlos vorzupreschen» und sich «ein Siegertreppchen beim
Öffnungswettbewerb» sichern zu wollen. Die GEW hält die Öffnung im

eingeschränkten Regelbetrieb für verfrüht und forderte, erst die
Infektionszahlen zu senken. Der Lehrerverband sprach von einem
«zwiespältigen Gefühl». Die Pädagogen wünschten sich die Rück
kehr zum
Präsenzunterricht, sorgten sich aber vor allem angesichts der
Mutationen um die eigene Gesundheit und die der Kinder.

Am Dienstag hatte Kultusminister Christian Piwarz (CDU) die Öffnung
von Kitas und Grundschulen im eingeschränkten Regelbetrieb ab dem 15.
Februar angekündigt. Dabei gilt das Prinzip der strikten Trennung von
Gruppen und Klassen mit festen Bezugspersonen. Endgültig beschlossen
werden soll der Fahrplan an diesem Freitag, wenn Sachsens Kabinett
die neue Corona-Schutzverordnung verabschiedet.

Die Teilöffnung sei kein Alleingang des Freistaats, betonte das
Kultusministerium und verwies etwa auf Niedersachsen, Bremen und
Hessen, wo Unterricht in eingeschränkter Form stattfinde. Die meisten
Kitas und Schulen in Deutschland sind allerdings seit Mitte Dezember
geschlossen oder nur in stark eingeschränktem Betrieb für die
Notbetreuung da. Für Abschlussklassen gibt es Ausnahmen: Sie sind in
Sachsen bereits am 18. Januar an die Oberschulen und Gymnasien
zurückgekehrt.

In Sachsen soll die Präsenzpflicht für Grundschüler vorerst
ausgesetzt werden. Eltern können damit selbst entscheiden, ob sie ihr
Kind in die Schule schicken. Die große Frage ist nun, wie viele
Eltern davon Gebrauch machen. Die Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft (GEW) geht davon aus, dass die meisten Eltern das
Angebot annähmen.

Kretschmer hielt am Mittwochabend die bei der Konferenz mit
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten
vereinbarten ersten Lockerungen für verantwortbar. Die Friseure, die
ab 1. März wieder öffnen dürfen, könnten sich darauf vorbereiten. I
m
Einzelhandel soll bereits am kommenden Montag der Abholservice «Click
and Collect» möglich sein. Sachsen war das einzige Bundesland, das
diesen Service bislang nicht gestattete.

Kretschmer wollte bei einem Statement in der Staatskanzlei am Abend
aber nicht mutmaßen, wie es mit den Lockerungen weitergeht.
«Gewissheiten sind in dieser Zeit sehr schwierig. Vorsicht ist
angebracht.» Es gebe den Wunsch nach Normalität, sagte er. «Dieses
Virus nimmt auf unsere Bedürfnisse keine Rücksicht. Wir müssen uns so

klug verhalten und so abgeklärt sein, dass wir immer das tun, was
gerade noch verantwortbar ist.»

Als wichtiges Ergebnis der Konferenz nannte Kretschmer den Umstand,
dass die Wirtschaftshilfe III ab sofort antragsfähig sei. Darauf
hätten Betroffene lange gewartet. Viele hätten kein Geld mehr: «Das

ist wirklich kein Ruhmesblatt und das hat die Bundesregierung auch
eingeräumt.» Jetzt gebe es wieder eine Perspektive. Es sei aber nicht
Ordnung, dass es so lange gedauert habe.