Ersatzkandidaten für Corona-Impfung gehören auch zur ersten Gruppe

Was tun, wenn am Ende des Tages noch Impfstoff übrig ist? Experten
fordern, dass Impfzentren das wertvolle Gut an Menschen mit höchster
Priorität weitergeben. Bisher klappt das nicht immer.

Koblenz/Mainz (dpa/lrs) - Wenn trotz genauer Planung Corona-Impfstoff
in einem Impfzentrum oder einem Altenheim übrig bleibt, sind andere
Menschen aus der Gruppe mit der höchsten Priorität an der Reihe. Das
können auch Feuerwehrleute sein, wie der Sprecher des
Gesundheitsministeriums, Markus Kuhlen, am Mittwoch der Deutschen
Presse-Agentur in Mainz sagte. Wenn sie etwa im Impfzentrum
arbeiteten. Zu der Gruppe mit der höchsten Priorität für eine
Corona-Schutzimpfung gehören neben den über 80-Jährigen auch
Mitarbeiter der mobilen Impfteams, der Impfzentren sowie Beschäftigte
aus Krankenhäusern und von Rettungsdiensten, die ein erhöhtes Risiko
haben, an Covid-19 zu erkranken.

Allerdings lasse es sich bei inzwischen mehr als 216 000 Impfungen
nicht vollkommen ausschließen, «dass in Einzelfällen auch Personen
geimpft wurden, die nicht zur Gruppe der höchsten Priorität gehören
»,
sagte Kuhlen. Denn der aufbereitete Impfstoff ist maximal sechs
Stunden haltbar, darf auch nicht weiter transportiert werden und soll
auf keinen Fall entsorgt werden müssen.

Das von der städtischen Berufsfeuerwehr geleitete Corona-Impfzentrum
in Koblenz hatte nach Informationen des SWR mit übrig gebliebenen
Impfdosen 127 von 145 Mitarbeitern der Feuerwehr impfen lassen. Nur
etwas mehr als die Hälfte der Geimpften gehörten nach Angaben der
Stadt zur Impfgruppe mit der höchsten Priorität - die anderen aber
nicht. Ein Sprecher der Stadt hatte gesagt, die Feuerwehrleute seien
mit Restdosen geimpft worden. Die Feuerwehr samt ihres Leiters
arbeite im Impfzentrum mit. Dessen Sekretärin und vier andere
Angestellte der Verwaltung seien als «Ausfallreserve» eingeplant
gewesen.

Wenn trotz sorgfältiger Planung in den Alten- und Pflegeheimen
Impfstoff übrig bleibe, weil Bewohner oder Mitarbeiter kurzfristig
erkrankten oder absagten, schauten die mobilen Impfteams nach
Menschen im Umfeld der Einrichtung, sagte die Sprecherin des
Landesverbands des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Katharina
Benlioglu. Das DRK koordiniert die mobilen Impfteams. «Das sind dann
oftmals Mitarbeitende, die sich spontan entscheiden sich impfen zu
lassen, auch wenn sie vorher nicht dafür angemeldet waren.» Es
könnten aber auch Mitarbeitende der örtlichen Rettungsdienste oder
anderes medizinisches Personal sein.

Nach Ansicht des Mainzer Medizinethikers Norbert Paul sollten übrig
gebliebene Impfdosen an Menschen mit der höchsten Priorität
weitergegeben werden. «Es wäre gut, wenn es für solche Fälle
ausgearbeitete Nachrückerlisten gäbe», sagte Paul, der Vorsitzender
des rheinland-pfälzischen Ethikbeirats für die Corona-Schutzimpfungen
ist. In Kliniken etwa gebe es zahlreiche Pflegekräfte, die noch
keinen konkreten Impftermin hätten. Sie seien nicht nur
systemrelevant, sondern auch besonders gefährdet, sagte der
Medizinprofessor. Seiner Einschätzung zufolge gibt es etwa an Mainzer
Kliniken noch etwa tausend Mitarbeiter, die mit höchster Priorität
auf einen Termin warten.