Mann täuscht Tod in Ostsee vor - Gericht sieht wenig Grund zur Strafe Von Karen Katzke, dpa

Sein vorgetäuschter Tod in der Ostsee soll einer Familie
Versicherungsmillionen und ein Leben im Luxus einbringen. Doch das
Trio fliegt auf. Das Kieler Landgericht sieht nur wenig Grund für
Strafe.

Kiel (dpa) - Es sollte ein ausgeklügelter Millionencoup werden, ging
aber gründlich schief. Vor dem Kieler Landgericht endete der
spektakuläre Fall eines vorgetäuschten Todes in der Ostsee am
Mittwoch mit Bewährungsstrafen für ein Ehepaar. Ein 53 Jahre alter
Mann und seine Ehefrau wollten gut vier Millionen Euro von
Versicherungen erschwindeln. Doch nur in einem von 14 angeklagten
Fälle kamen die Richter am Mittwoch zu einem Schuldspruch. In den
anderen 13 Fällen sprachen sie das Ehepaar vom Vorwurf des versuchten
Versicherungsbetrugs frei.

In diesen Fällen sei ihnen keine Strafbarkeit nachzuweisen, weil sie
bei der Meldung des Todes des Angeklagten und dem Einreichen von
Unterlagen nicht unmittelbar mit der Auszahlung der
Versicherungssumme rechneten, sagt der Vorsitzende Richter Carsten
Tepp. Das aber sei Voraussetzung für eine Verurteilung. Alles andere
seien Vorbereitungshandlungen, die straffrei blieben.

Das Urteil fällt dementsprechend milde aus: Ein Jahr und neun Monate
für den Mann, den Tepp «als planenden Kopf des Ganzen» bezeichnet,
der mit «hoher krimineller Energie» seine gleichaltrige Frau und
seine betagte Mutter mit in Planung und Umsetzung der Tat
hineingezogen habe. Seine Frau erhält eine Strafe von einem Jahr,
ebenfalls ausgesetzt zur Bewährung.

Sie erhält auch die Kaution in Höhe von rund 14 000 Euro zurück, die

sie bei Gericht als Sicherheit hinterließ, sagte Tepp. Entschädigung
für die Untersuchungshaft, wie von den Verteidigern beantragt, lehnt
das Gericht ab. «Wer so ein Szenario schafft, rechnet sicher mit der
Gefahr einer Untersuchungshaft, wenn er auffliegt.»

Tatmotiv des Angeklagten waren nach Feststellungen des Gerichts
dessen völlig desolate Finanzen. Der Mann mit deutscher und
amerikanischer Staatsbürgerschaft habe in den USA mindestens zwei
Millionen Euro Schulden und sei auch in Deutschland hoch verschuldet.
Er täuschte auch seine Frau über seine Verhältnisse. Sie erfuhr erst

im Gerichtssaal, dass er nicht der Zahnarzt ist, als der er sich
ausgab, sondern dass er als Student Hartz IV kassiert. Das Leben des
Mannes sei durch andauerndes Scheitern gekennzeichnet, sagte Tepp.
Ihm sei «nahezu alles schiefgegangen». Das gilt offensichtlich auch
für Tatplanung und -ausführung.

Um an das große Geld und ein Leben im Luxus mit Schweizer Konten zu
kommen, wollte der Angeklagte einen Bootsunfall und seinen Tod
vortäuschen. Den Plan des Versicherungsbetrugs fasste er demnach im
Sommer 2018 in Briefen an seine 87 Jahre alte Mutter. Ein erster
Versuch, ein Boot auf einer Tour Richtung Dänemark zu versenken, ging
schief. Dann klappte es am 7. Oktober 2019.

Doch die Polizei wurde schnell misstrauisch. Am aufgefundenen Boot
stellte ein Gutachter Manipulationen fest, die es sinken ließen. Den
Versicherungen reichte, anders als vom Angeklagten zunächst
angenommen, die Todesmeldung nicht aus. Sie wollten auch eine
Sterbeurkunde oder Bestätigung seines Todes vom Amtsgericht. Das aber
dauert mindestens sechs Monate. Nur bei einer Unfallversicherung
schien, nach Überzeugung der Angeklagten, eine Auszahlung - in diesem
Fall von rund 250 000 Euro - unmittelbar bevorzustehen. Lediglich in
diesem Fall wurden sie nun auch verurteilt.

Der Angeklagte versteckte sich gemäß Tatplan monatelang, zunächst bei

einer Bekannten in Hamburg, dann im Haus seiner Mutter im
niedersächsischen Schwarmstedt. Dort fand ihn im Mai 2020 schließlich
ein Mobiles Einsatzkommando der Polizei. Hinter Kisten versteckt
blitzte sein Ehering im Schein einer Taschenlampe auf.

Mit dem Urteil folgten die Richter im Wesentlichen der Verteidigung.
Sie hatte in allen Fällen auf Freispruch plädiert mit der Begründung,

die Angeklagten seien in straflosen Vorbereitungshandlungen
steckengeblieben. Die Staatsanwältin hatte dagegen für den 53-jährgen

Mann vier Jahre Haft und für seine gleichaltrige Frau zwei Jahre und
zehn Monate gefordert. Die Staatsanwaltschaft kündigte Revision an.