Corona-Notstand in Tschechien könnte mangels Mehrheit auslaufen

Prag (dpa) - Mitten in der Corona-Krise könnte in Tschechien der seit
Oktober geltende Notstand wegen politischen Streits am Sonntag
auslaufen. Die Minderheitsregierung hat noch immer keine sichere
Mehrheit für eine weitere Verlängerung des Ausnahmezustands gefunden.
Man wolle bis zum letzten Moment mit den Oppositionsparteien
verhandeln, sagte Innenminister Jan Hamacek am Mittwoch. Es gehe «um
Menschenleben», warnte der 42-Jährige.

Der Notstand ermöglicht es der Regierung unter anderem, Bürgerrechte
wie die Versammlungsfreiheit einzuschränken und Aufträge ohne
Ausschreibung zu vergeben. Sollte es zu keiner Einigung kommen, will
die Koalition möglichst viele der bestehenden Corona-Maßnahmen neu
nach den Gesundheitsgesetzen erlassen.

Die Minderheitsregierung aus Populisten und Sozialdemokraten wird von
den Kommunisten (KSCM) toleriert. Doch die kleine Partei stellt sich
diesmal quer. Sie sieht eine Reihe ihrer Forderungen nicht erfüllt,
darunter die Rückkehr der Kinder in die Schulen und die Öffnung der
Skigebiete. Konservative Oppositionspolitiker kritisierten wiederum,
dass Regierungschef Andrej Babis nach Serbien gereist sei, statt mit
ihnen zu sprechen.

Tschechien mit seinen rund 10,7 Millionen Einwohnern ist besonders
stark von der Corona-Krise betroffen. Am Mittwoch meldeten die
Behörden 10 165 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Seit Pandemiebeginn
gab es mehr als eine Million nachgewiesene Infektionen und 17 642
Todesfälle.