Richter untersagen Kooperation zwischen Spahn-Ministerium und Google Von Anna Ringle, dpa

Ein nationales Gesundheitsportal des Bundes ploppt bei einer
Google-Suche nach Krankheiten prominent in einer Infobox auf. Richter
sagen jetzt zu der Kooperation: Kartellverstoß.

München (dpa) - Das Landgericht München hat eine Kooperation zwischen
dem Bund und dem Internetkonzern Google zu einem Gesundheitsportal
vorläufig untersagt. Die Richter gaben am Mittwoch zwei Anträgen auf
einstweilige Verfügungen gegen die Bundesrepublik, vertreten durch
das Bundesgesundheitsministerium, und den US-Konzern im Wesentlichen
statt, wie das Gericht mitteilte. Die Urteile sind noch nicht
rechtskräftig. Bund und Google wollen die Entscheidung zunächst
prüfen.

Bei der Kooperation geht es um dies: Bei Google-Suchanfragen etwa zu
Krankheiten oder Beschwerden wie Migräne wird bei den Ergebnissen
prominent eine Infobox des Portals gesund.bund.de angezeigt, das vom
Bundesgesundheitsministerium verantwortet wird.

Die Zusammenarbeit hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im
November vorgestellt. Die Informationen stammen zum Beispiel vom
Deutschen Krebsforschungszentrum, dem Robert Koch-Institut oder
medizinischen Fachgesellschaften. Der Medienkonzern Hubert Burda
Media hatte über eine Tochterfirma, das Gesundheitsportal
netdoktor.de, gegen das Portal vor dem Landgericht München geklagt.

Verlage wie Burda sehen durch das Portal ihre Position geschwächt und
befürchten Nachteile, weil sie auch Gesundheitsportale im Portfolio
haben. Google erhält nach eigenen Angaben kein Geld vom Bund für den
Infoboxen-Service. Es gebe auch keine vertragliche Vereinbarung.

Im November hatte Spahn gesagt, auch die Corona-Pandemie zeige, wie
wichtig seriöse Gesundheitsinformationen seien. Er erwarte sich einen
Bekanntheitsschub für das Gesundheitsportal: «Wenn wir ein Interesse
daran haben, objektive, fundierte, evidenzbasierte Informationen
rüberzubringen, dann bringt es mir nichts, wenn wir bei Google an
Stelle 783 000 auftauchen.»

Das Gericht wertete die Zusammenarbeit in seinem Urteil hingegen als
Kartellverstoß. Die Vereinbarung bewirke eine Beschränkung des
Wettbewerbs auf dem Markt für Gesundheitsportale.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums teilte auf dpa-Anfrage
mit: «Das Bundesministerium für Gesundheit nimmt das Urteil zur
Kenntnis.» Nach Auswertung der Entscheidung werde man über die
weiteren Schritte entscheiden.

Zugleich verwies der Sprecher darauf, dass das Angebot des Nationalen
Gesundheitsportals an sich nicht von dem Urteil betroffen sei. Das
Landgericht betonte, dass die Kammer nicht über die Frage der
Zulässigkeit des Portals als solches zu entscheiden hatte. Ein
hierauf zielender Antrag sei von netdoktor.de zurückgenommen worden.
Ein weiterer Antrag, der laut Gericht auf ein einseitiges
marktmissbräuchliches Verhalten von Google gestützt gewesen sei, sei
aus formellen Gründen zurückgewiesen worden.

Google betonte in einem Blogeintrag zu dem Fall, dass die Anzeige von
Informationen des Ministeriums die Angebote der Website-Inhaber nicht
behindere. «Sie werden zusammen mit einer Vielzahl anderer Websites
weiterhin in den Suchergebnissen angezeigt.» Die Anzeige der
Infoboxen für Krankheitsbilder sei unabhängig von der Platzierung der
Weblinks in der Suchergebnisliste.

Google-Sprecher Kay Oberbeck sagte auf Anfrage zur
Gerichtsentscheidung: «Menschen suchen und erwarten die
relevantesten, vertrauenswürdigen Informationen über Gesundheit in
der Pandemie und darüber hinaus.» Man sei enttäuscht darüber, dass

das Landgericht die Einbindung von faktischen und wissenschaftlich
fundierten Informationen des Bundesgesundheitsministeriums in die
Google-Suche nun untersagt habe. «Wir prüfen die Entscheidung des
Gerichts und die uns zur Verfügung stehenden Rechtsmittel.»

Der Burda-Konzern sieht in der Entscheidung der Richter die
Pressefreiheit gestärkt. Vorstand Philipp Welte, der auch für
netdoktor.de verantwortlich ist, betonte: «Diese Entscheidung des
Landgerichts München ist ein erster wichtiger Schritt in einem
grundsätzlichen Verfahren, in dem nichts weniger als die Freiheit der
Presse verhandelt wird. Indirekt subventioniert das
Gesundheitsministerium mit Steuergeldern die Vermarktung des
Suchmonopolisten Google, der neben dem staatlichen Medienangebot
ungerührt Werbung verkauft.» Auch die Verbände von Zeitschriften- und

Zeitungsverlegern begrüßten das Urteil.

Gegen die Gerichtsentscheidung können die Parteien binnen eines
Monats nach Urteils-Zustellung Berufung beim Oberlandesgericht
München anstrengen. Ob es in dem juristischen Streitfall auch zu
einem Hauptverfahren kommen wird, ist jetzt noch nicht bekannt.
Verfahren seien derzeit nicht anhängig, hieß es von dem Münchner
Gericht.

Burda ist nicht der einzige Medienverlag, der juristische Schritte
eingeleitet hat. Der Wort & Bild Verlag aus Baierbrunn hat beim
Landgericht Berlin Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Bund
gestellt. Das Berliner Gericht teilte auf Nachfrage mit, dass es noch
keinen Termin in dem Verfahren gebe. Zum Portfolio des Wort & Bild
Verlags zählt zum Beispiel die Marke «Apotheken Umschau».

Mit dem Gesundheitsportal beschäftigen sich derzeit in einem anderen
Verfahren auch die Medienregulierer in Deutschland. Die Medienanstalt
Hamburg/Schleswig-Holstein stieß Mitte Dezember das interne Verfahren
gegen Google an. Es wird dabei geprüft, ob durch die prominente
Darstellung des Gesundheitsportals andere
journalistisch-redaktionelle Angebote aus dem Themenbereich
Gesundheit diskriminiert werden. Härteste Sanktion könnte theoretisch
sein, dass Google das Angebot nicht bevorzugt präsentieren darf. Der
Konzern hätte dann wiederum die Möglichkeit, gegen die Entscheidung
vor Gericht zu ziehen. Der Bund ist nicht Verfahrensgegner.