Beratungen über weitgehende Lockdown-Verlängerung bis Mitte März

Wie lange dauert der Lockdown noch? Die Beschlussvorlage für die
neuen Beratungen zwischen Bund und Ländern gibt eine erste Antwort.
Demnach könnte es weiter heißen: Durchhalten! Schneller geht es
womöglich für die Schulen. Und für einen bestimmten Berufsstand.

Berlin (dpa) - Die Länder sollen freie Hand für die Öffnung von
Schulen und Kitas bekommen - der Lockdown in Deutschland wird aber
möglicherweise weitgehend bis Mitte März verlängert. Das sieht eine
neue Vorlage für die Beratungen von Bund und Ländern über das weitere

Vorgehen in der Corona-Pandemie an diesem Mittwochnachmittag vor.
Eine Ausnahme soll es demnach für Friseure geben, die unter strikten
Hygiene-Auflagen bereits Anfang März wieder öffnen könnten.

Das Papier mit dem Zeitstempel 7.40 Uhr wurde morgens vom Kanzleramt
an die Länder verschickt, es ist nach dpa-Informationen mit den
Ländern Berlin und Bayern vorabgestimmt. Es liegt der Deutschen
Presse-Agentur aus verschiedenen Quellen vor. Berlin hat derzeit den
Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz, Bayern die Stellvertretung.
Auch andere Medien berichteten über den Vorschlag.

Dieser sieht vor, dass die besonders umstrittene Öffnung von Schulen
und Kitas praktisch in das Ermessen der einzelnen Länder gestellt
wird. «Die Länder entscheiden im Rahmen ihrer Kultushoheit über die
schrittweise Rückkehr zum Präsenzunterricht und die Ausweitung des
Angebots der Kindertagesbetreuung», heißt es in dem Papier, über das

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten
beraten will.

Friseurbetriebe können der Vorlage zufolge den Betrieb am 1. März
wieder aufnehmen - «unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des
Zutritts mit Reservierungen sowie unter Nutzung medizinischer
Masken». Begründet wird dies mit der «Bedeutung von Friseuren für d
ie
Körperhygiene», insbesondere Ältere seien darauf angewiesen.

Offen bleibt, wie es für den Großteil der von der corona-bedingten
Schließung betroffenen Bereiche weitergehen wird - also vor allem für
weite Teile des Einzelhandels, Restaurants, Hotels, Museen, Clubs,
Theater und Konzerthäuser sowie den Amateursport.

Zum einen schlägt das Papier vor, darüber am 10. März zu beraten.
Alternativ werden nächste Öffnungsschritte «bei einer stabilen
deutschlandweiten 7-Tage-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen pro
100 000 Einwohnerinnen und Einwohner» vorgeschlagen. «Dieser nächste

Öffnungsschritt soll die Öffnung des Einzelhandels mit einer
Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden pro 20 qm umfassen, die
Öffnung von Museen und Galerien sowie die Öffnung der noch
geschlossenen körpernahen Dienstleistungsbetriebe umfassen.»

Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100
000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Mittwochmorgen
bundesweit bei 68. Auf diesem Niveau hatte der Wert zuletzt am 24.
Oktober (68,4) gelegen. Eine Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 hatte
es zuletzt am 20. Oktober (48,6) gegeben.

Bislang sind die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie bis zum 14.
Februar befristet. Zwei Drittel der Bürger würden einer Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge die Verlängerung bis Ende
Februar befürworten. Etwa ein Viertel (26 Prozent) sprach sich gegen
eine Verlängerung aus.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) plädierte in den
ARD-«Tagesthemen» für ein Verlängern um zwei Wochen: «Ich denke,
was
realistisch ist, dass wir miteinander sagen, dass der Lockdown bis
zum 1. März fortgesetzt werden soll.» Baden-Württembergs
Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) dämpfte Hoffnungen auf
eine schnelle Lockerung aller Corona-Regeln. Wenn die landesweiten
Inzidenzen über einen gewissen Zeitraum unter 50 liegen, werde man
vorsichtige Öffnungsschritte gehen, sagte er der «Badischen Zeitung»

und der «Südwestpresse» (Mittwoch). «Niemand kann aber erwarten, da
ss
wir gleich eine Öffnungsorgie starten.» Dafür sei die Lage zu fragil.


Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte erneut eine
nachvollziehbare Lockerungsstrategie und rasche Schulöffnungen. «Die
Nerven der Eltern liegen blank. Da muss etwas geschehen», sagte
Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Sender SWR. Der Präsident des

Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, riet dagegen dazu,
lieber noch ein, zwei Wochen zu warten, als zu früh zu viel zu
riskieren. «Gerade angesichts der schwer kalkulierbaren Gefahren
durch die Virusmutation müssen wir bei der Öffnung der Schulen
vorsichtig vorgehen», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Vor der Bund-Länder-Runde berieten zunächst die unions- und die
SPD-geführten Länder getrennt, anschließend alle Ministerpräsidente
n.
Um 14 Uhr sollte die Videokonferenz mit Kanzlerin Merkel beginnen.

In der Vorlage aus dem Kanzleramt hierfür wird deutlich gemacht, dass
es bei den Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich bleiben soll,
ebenso bei der Verpflichtung zum Tragen wirksamer Masken in
Geschäften und in öffentlichen Verkehrsmitteln. Das gilt auch für die

Aufforderung, nicht notwendige private Reisen und Besuche - auch von
Verwandten - zu unterlassen sowie - wo immer möglich - im Homeoffice
zu arbeiten.

In der Vorlage heißt es, Bund und Länder seien «weiterhin
optimistisch, dass allen Bürgerinnen und Bürgern spätestens bis zum
Ende des Sommers ein Impfangebot gemacht werden kann». Dies sei nach
den Zusagen für Zulassungsdaten und Liefervolumen der Hersteller
erreichbar. Zur Unterstützung bei Corona-Tests in Alten- und
Pflegeeinrichtungen soll die Unterstützung der Bundeswehr überall
dort bis Ostern verlängert werden, wo sich kurzfristig keine zivilen
Kräfte über die Bundesagentur für Arbeit finden lassen.