Ifo-Präsident Fuest: Zu frühe Öffnung hilft Wirtschaft nicht

München (dpa) - Ein zu frühes Ende des Corona-Lockdowns würde der
deutschen Wirtschaft nach Einschätzung von Ifo-Präsident Clemens
Fuest eher schaden als nutzen. «Das Problem wird nicht gelöst, wenn
wir trotz hoher Infektionslage öffnen», sagte Fuest am Mittwoch in
München bei einer Online-Pressekonferenz.

Der Ökonom verwies auf Studien, nach denen gut achtzig Prozent der
wirtschaftlichen Einbußen durch das Virus selbst verursacht würden,
und nur zwanzig Prozent durch Beschränkungen des Wirtschaftslebens.
«Wenn wir diese 20 Prozent jetzt heben würden und dafür hinnehmen,
dass die Infektionen massiv zunehmen, dann haben wir hinterher großen
Schaden», sagte Fuest. «Man muss davon ausgehen, dass es
wirtschaftlich schädlich ist, wenn man sich eine dritte Welle
einfängt, da hilft die Öffnung nichts.»

Als Beispiel nannte Fuest die USA, wo die Gouverneure mehrerer
Bundesstaaten Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen und Lockdowns in
der ersten Phase der Pandemie abgelehnt hatten. «Dort war es so, dass
Staaten, die bei gleicher Infektionslage geöffnet haben, keine oder
nur sehr geringe Vorteile hatten», sagte Fuest. «Wer glaubt, man
könnte durch Öffnungen unabhängig von der Infektionslage etwas Gutes

tun, der täuscht sich.»

Fuest und sechs weitere renommierte Ökonomen der European Economic
Advisory Group (EEAG) empfehlen der EU, bei den Hilfsmaßnahmen für
die Wirtschaft nicht die Subventionskontrolle zu vernachlässigen.
«Wir sehen einfach die Gefahr, dass es eine Art Subventionsrennen
gibt, wenn wir uns zum Beispiel die Luftfahrtgesellschaften ansehen.»
Diese würden häufig als nationale Champions betrachtet. «Wenn es
richtig ist, dass im Luftfahrtsektor Überkapazitäten bestehen, dann
ist es ein Problem, wenn jedes Land für sich gesehen die eigene
Fluglinie subventioniert.»