Biontech startet Impfstoffproduktion in Marburg

Das neue Biontech-Werk spielt künftig eine zentrale Rolle bei der
Herstellung des begehrten Vakzins des Mainzer Unternehmens. Bis zu
750 Millionen Dosen jährlich sollen dort hergestellt werden, wenn der
Betrieb richtig angelaufen ist.

Mainz (dpa) - Das Mainzer Unternehmen Biontech hat in seinem neuen
Werk im hessischen Marburg mit der Produktion seines
Corona-Impfstoffs begonnen. Als erster Schritt werde der Botenstoff
mRNA hergestellt, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Biontech
hatte vor wenigen Tagen die arzneimittelrechtliche Erlaubnis dafür
erhalten. Im ersten Halbjahr 2021 sollen in Marburg 250 Millionen
Dosen des Impfstoffs von Biontech und seines US-Partners Pfizer
hergestellt werden. Die ersten am Standort Marburg hergestellten
Impfstoffe werden nach Unternehmensangaben voraussichtlich Anfang
April ausgeliefert.

Unterdessen kündigte am Mittwoch der Impfstoffhersteller Astrazeneca
an, neue Kapazitäten in Deutschland schaffen zu wollen. Die Anlagen
sollen in Zusammenarbeit mit der Firma IDT Biologika in
Sachsen-Anhalt entstehen, sind voraussichtlich aber erst in mehr als
anderthalb Jahren startklar.

Sobald das Werk in Marburg voll betriebsbereit ist, will Biontech
dort bis zu 750 Millionen Dosen des Covid-19-Impfstoffs jährlich
herstellen. Der neue Standort in Mittelhessen gilt als wichtiger
Pfeiler in dem Bemühen von Biontech und Pfizer, in diesem Jahr die
weltweite Produktionskapazität auf zwei Milliarden Dosen des
Impfstoffs zu erhöhen.

Das Botenmolekül mRNA ist den Angaben zufolge der eigentliche
Wirkstoff in dem Vakzin. Es wird in Marburg in weiteren Schritten
gereinigt, konzentriert und schließlich in eine schützende Hülle aus

Lipiden gebracht. So kann die empfindliche mRNA besser in die Zellen
gelangen und dort ihre Wirkung entfalten. Biontech will den
hergestellten Impfstoff schließlich zu einem Produktionspartner
transportieren, wo er abgefüllt und fertiggestellt werden soll.

Der Produktionsprozess wird von mehreren Qualitätsprüfungen
begleitet, wie Biontech weiter erklärte. Die einzelnen
Produktionsschritte der neuen Anlagen müssen demnach von der
europäischen Arzneimittelbehörde EMA genehmigt werden. Entsprechende
Daten würden im Februar und März eingereicht.

Die Qualität des Endprodukts wird den Angaben zufolge vom
firmeneigenen Labor im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein und vom
Paul-Ehrlich-Institut (PEI) im hessischen Langen geprüft, bevor das
Vakzin schließlich zur Verwendung freigegeben wird.

Biontech hatte das Werk vom Schweizer Pharmakonzern Novartis
übernommen. Der Standort liegt auf historischem Grund, auf dem
Gelände der ehemaligen Behringwerke. Aktuell beschäftigen hier rund
zehn Firmen insgesamt etwa 6500 Mitarbeiter, darunter sind CSL
Behring, GSK Vaccines und Siemens Healthineers. Hergestellt werden
unter anderem Mittel gegen Blutgerinnungsstörungen und verschiedene
Impfstoffe wie gegen Diphtherie oder Tetanus. Vor mehr als 100 Jahren
waren es sogenannte Heilseren, die den Ort zu einem Hoffnungsträger
im Kampf gegen Infektionskrankheiten machten.

Der britisch-schwedische Impfstoffhersteller Astrazeneca
unterzeichnete eine Absichtserklärung mit der Firma IDT Biologika,
wie Astrazeneca am Mittwoch mitteilte. In Dessau in Sachsen-Anhalt
sollen Bioreaktoren entstehen, in denen eine zweistellige
Millionenzahl von Impfdosen pro Monat produziert werden könnten. Die
neuen Anlagen sollen jedoch erst Ende 2022 betriebsbereit sein.

Die Anlagen könnten auch von anderen Firmen mit ähnlicher
Impfstoff-Technologie genutzt werden, erklärte Astrazeneca. Damit
entstünde bei IDT Biologika eine der größten Impfstoffanlagen dieser

Art in Europa. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lobte die
Zusammenarbeit als einen weiteren wichtigen Schritt für die
Bundesrepublik. «Deutschland wird in dieser Pandemie immer mehr zu
einem wichtigen Impfstoff-Hub», teilte er am Mittwoch mit. «Das hilft
uns in dieser Pandemie, ist aber auch eine Stärkung des
Pharma-Standorts Deutschland für die 20er-Jahre.»