Handwerk hofft auf Öffnung - Minister fordert kreative Lösungen

Wie lange bleibt Deutschland noch im Lockdown? Bund und Länder
beraten am Mittwoch, ob die Regeln gelockert werden können und wenn
ja, wo. Besonders Friseure und Kosmetiker machen sich Hoffnung - und
haben in der Landesregierung mehrere Unterstützer.

Magdeburg (dpa/sa) - Seit neun Wochen sind Schulen, Kitas,
Friseursalons und die meisten Geschäfte in Deutschland geschlossen.
Angesichts sinkender Infektionszahlen und schwindender Rücklagen
werden die Rufe des Handwerks nach Lockerungen der strengen
Einschränkungen lauter - auch in Sachsen-Anhalt, das derzeit im
Bundesvergleich viele Infektionen verzeichnet.

Hoffnungen machen sich vor allem die Branchen der körpernahen
Dienstleistungen, etwa Friseure, Kosmetiker und Nagelstudios. Am
Dienstag hatten die Handwerkskammern aus Magdeburg und Halle die
Landesregierung nochmals aufgerufen, sich für eine Öffnung stark zu
machen. «Wir fordern Ministerpräsident Haseloff auf, sich bei der
Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch durchzusetzen und den
Betrieben ab dem 15. Februar 2021 das Arbeiten wieder zu erlauben»,
teilte der Präsident der Handwerkskammer Halle, Thomas Keindorf, mit.

Die Branche habe bereits gute Hygienekonzepte entwickelt, sagte der
Präsident der Handwerkskammer Magdeburg, Hagen Mauer. «Uns ist kein
Betrieb bekannt, der seit dem Pandemiebeginn zum Infektionsherd
wurde», teilte Mauer mit. «Die Haare und Fußnägel wachsen jedoch, s
o
dass immer mehr Kunden auf Termine drängen.»

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte sich seit den letzten
Beratungen von Bund und Ländern mehrfach für eine Öffnungsperspektive

für die Friseurinnen und Friseure ausgesprochen. Dafür werde er sich
in den Beratungen am Mittwoch einsetzen, hieß es aus der
Staatskanzlei.

Auch Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) forderte, den
Unternehmen eine klare Perspektive zu geben. «Das können und müssen
derzeit nicht konkrete Daten sein, sondern klare Bedingungen für eine
Wiederöffnung», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Darauf könn
en
wir alle hinarbeiten.»

Ohne konkrete Aussicht auf eine Öffnung werde die Regierung an
Rückhalt für die Corona-Politik verlieren, warnte Willingmann. Daher
bräuchten auch andere Branchen eine Perspektive. «Auch in einer
Boutique kann man Abläufe und Hygienestandards wie in einem Buchladen
organisieren». Dabei müsse die Politik auch neue Lösungen erwägen.


«Bevor wir weiter alles geschlossen lassen, sollten wir kreative
Lösungen in Betracht ziehen, um auch in der Pandemie mehr Wirtschaft
zuzulassen und Lasten des Lockdowns fairer zu verteilen», forderte
der Sozialdemokrat. Sein Ministerium arbeite derzeit an einem
Vorschlag für einen Stufenplan zur schrittweisen Öffnung, der sich an
Werten wie den Ansteckungen pro Woche und 100 000 Einwohner, dem
Reproduktionsfaktor oder der Auslastung der Intensivstationen
orientiert.

Ein Zwischenschritt auf dem Weg aus dem Lockdown könne aber
beispielsweise auch ein Wechselmodell sein, in dem die
unterschiedlichen Branchen abwechselnd öffnen. So könne ein großer
Ansturm auf die Innenstädte vermieden werden. Wichtig sei in jedem
Fall eine bundeseinheitliche Regelung, um Einkaufstourismus zwischen
den Bundesländern zu vermeiden.

Bei der Verhandlung der Regierungschefs sollte auch über die
Wiederöffnung von Schulen und Kitas beraten werden. Sachsen-Anhalt
hatte vorige Woche angekündigt, die Schulen ab März wieder zu öffnen,

sofern die Infektionszahlen es zulassen.

Zuletzt hatten sich die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern oft
stundenlang hingezogen. Wann es ein Ergebnis gibt, war daher nicht
absehbar. Haseloff kündigte eine Pressekonferenz für den frühen Abend

an, auch die Mitglieder der Landesregierung wollte
der Ministerpräsident noch am Abend über die Ergebnisse informieren.

Am Donnerstag soll das Kabinett die Einigung dann beschließen. Viel
Zeit bleibt den Ministerinnen und Ministern auch nicht mehr - die
aktuell gültige Landesverordnung läuft am Sonntag aus.