Verdacht auf Schweinepest an Berlins Stadtgrenze

Falls sich der Verdacht auf die Tierseuche Afrikanische Schweinepest
nahe Berlin bestätigt, hat das Folgen: Hunde müssen dann in einigen
Stadtteilen an die Leine und private Jäger dürften Wildschweine in
festgelegten Gebieten nicht mehr schießen.

Potsdam/Berlin (dpa/bb) - Berlin rüstet sich für die Abwehr der
Afrikanischen Schweinepest: Nach einem konkreten Verdachtsfall nahe
der Stadtgrenze zwischen Potsdam und Spandau sei die Koordination für
den Bau von Schutzzäunen angelaufen, sagte Spandaus Bezirksstadtrat
Stephan Machulik am Freitag. Eine endgültige Bestätigung vom
Friedrich-Loeffler-Institut in Greifswald, dass es sich tatsächlich
um die Seuche handelt, steht aber noch aus. Das Ergebnis könnte nach
Behördenangaben am Freitagabend vorliegen. Für Menschen ist die
Seuche ungefährlich. Für Wild- und Hausschweine endet sie jedoch fast
immer tödlich.

Eine Bestätigung hätte Folgen rund um den Fundort des Kadavers: Hunde
müssten in einer 15-Kilometer-Kernzone immer an die Leine und private
Jäger dürften Wildschweine nicht mehr schießen. Für Schweinehalter

gäbe es strenge Auflagen. Davon gebe es in Spandau und ganz Berlin
aber kaum welche, sagte Machulik.

Nach mehr als 400 Nachweisen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in
Brandenburg war zuletzt ein totes Wildschwein in Potsdam
Groß-Glienicke gefunden worden, rund 400 Meter von der Grenze zum
Berliner Bezirk Spandau entfernt. Den Verdachtsfall habe das
Landeslabor Berlin-Brandenburg gemeldet, teilte die Berliner
Senatsverwaltung für Verbraucherschutz am Freitag mit. Experten
vermuten, dass es sich um eine «Sprunginfektion» handelt. Das
bedeutet, dass sich das verendete Wildschwein nicht bei seiner Rotte
angesteckt haben könnte, sondern durch Fehler des Menschen. Das könne
schon ein weggeworfenes Wurstbrot sein, sagte Machulik. Denn die
Tierseuche kann auch über Fleischprodukte, kontaminierten Boden, Müll
oder andere Gegenstände übertragen werden.

Wegen der Afrikanischen Schweinepest in Brandenburg seit dem Sommer
hat sich Berlin vorbereitet: Die Bezirke kauften rund 40 Kilometer
Schutzzaun, der eine Verbreitung der Seuche unter wanderdenden
Wildschweinrotten verhindern soll. Bestätige sich der jüngste
Verdacht, werde ein Zaun südlich der Heerstraße in den Stadtteilen
Gatow und Kladow zum Einsatz kommen, sagte der Stadtrat. «Ich hoffe,
wir brauchen da nicht all unsere 40 Kilometer». Die Zaun-Route
verliefe dann wahrscheinlich parallel zur Heerstraße und entlang der
Havel. Straßen würden dadurch nicht blockiert. Mit einem Aufbau
rechne er - falls nötig - Anfang der kommenden Woche.

Für Hunde sei die Seuche ungefährlich, betonte Machulik. Einen
Leinenzwang im Kerngebiet gebe es trotzdem. Spaziergänger sollten
dort auch auf Wildschweinkadaver achten und sie melden. Aber sie
sollten sie nicht berühren, auch nicht mit den Schuhen. Denn das
Virus könnte daran anhaften und sich weiter verbreiten.

Bislang traten bestätigte ASP-Fälle vor allem im Süden und Südosten

Brandenburgs an der Grenze zu Polen auf. In Osteuropa grassiert die
Tierseuche. Auch das Brandenburger Verbraucherministerium ging am
Freitag davon aus, dass die Tierseuche durch menschliches Zutun an
die Berliner Stadtgrenze eingeschleppt wurde. Falls ein Zaunbau nötig
wird, wollen die beiden Bundesländer beim Aufbau kooperieren. Die
Sperrzone würde 15 Kilometer um den Fundort eingerichtet. Im Umkreis
von drei Kilometern würde ein Elektrozaun aufgestellt.

Der erste Schweinepest-Ausbruch bei Wildschweinen in Deutschland
wurde am 10. September 2020 in Brandenburg amtlich registriert.
Inzwischen sind es mehr als 450 Nachweise.

Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Havelland, Dirk Peters, geht
davon aus, dass die Krankheit durch die illegale Entsorgung von
Speiseresten auf die Tiere übertragen wird. «Gurken, Tomaten,
Toastbrot, Wurstreste, Fleischreste», zählte Peters am Freitag
sichtlich erregt auf. Er wies darauf hin, welche Auswirkungen die
Sperrzonen für die kleinen Pferdebetriebe im Landkreis haben könnte.
«Die Pferde dürfen nicht mehr raus, die Bauern dürfen kein Heu mehr
machen». Er sprach von einer «Katastrophe».

Die Freien Bauern appellierten an Landwirtschaftsminister Axel Vogel
und Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher (beide Grüne),
Vernunft walten zu lassen. «Wir können nicht wegen ein paar toter
Wildschweine unsere ganze Landwirtschaft stilllegen und damit die
regionale Lebensmittelversorgung gefährden», hieß es in einer
Mitteilung. Die Hausschweinbestände befänden sich ausschließlich in
Ställen. «Die Bewirtschaftungsverbote in Spree-Neiße und Märkisch
Oderland haben sich als größtenteils unsinnig, jedenfalls
unverhältnismäßig herausgestellt.»

Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums wurden bisher in
Deutschland 480 Kadaver mit dem ASP-Virus registriert, 463 in
Brandenburg und 17 in Sachsen. Der zusätzliche Verdachtsfall in
Potsdam liege außerhalb der bisherigen Restriktionszonen.
Schutzzäune seien entlang der Grenze in Mecklenburg-Vorpommern (63
Kilometer), in Brandenburg (127) und in Sachsen (56) aufgestellt.
Bisher seien die Hausschweinebestände in Deutschland ASP-frei. Immer
wieder berichteten die Behörden aber darüber, dass Zaunanlagen
mutwillig zerstört oder Gatter nach dem Durchfahren nicht wieder
geschlossen würden. Damit steige das Risiko einer Verbreitung.