Schmidt-Chanasit: Langfristige Strategie statt Lockdown-Abfolge

Hamburg (dpa) - Mit dem derzeit geltenden Teil-Lockdown ist eine
deutschlandweite deutliche Reduktion der Corona-Neuinfektionen aus
Sicht des Virologen Jonas Schmidt-Chanasit bis Weihnachten nicht zu
schaffen. «Ich halte das für nicht realistisch», sagte er am
Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings könnte es
durchaus sein, dass weitere Regionen eine 7-Tage-Inzidenz von unter
50 erreichen. Dieser Wert gibt die Zahl der Neuinfektionen pro
100 000 Einwohner und Woche an und ist nach wie vor das Ziel der
politischen Maßnahmen.

Am Mittwochabend hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die
Ministerpräsidenten der Länder beschlossen, dass der Teil-Lockdown
bis 10. Januar verlängert wird. Die 7-Tage-Inzidenz war im Oktober
rasant angestiegen und ist seit mehreren Wochen vergleichsweise
stabil auf hohem Niveau. Am Donnerstag gab das Robert Koch-Institut
den Wert mit 134 an. Sieben Tage zuvor lag er bei 138.

Der Hamburger Virologe Schmidt-Chanasit sieht in harten Lockdowns
keine langfristige Strategie, um die Zahl der Neuinfektionen
nachhaltig zu drücken. «Damit verschiebt sich das Problem nur um
einige Wochen.» Die Situation im Sommer habe gezeigt, dass damit
nicht die Zahlen dauerhaft niedrig bleiben - trotz intensiver
Nachverfolgung durch die Gesundheitsämter. Das Ziel dürfe nicht eine
Abfolge von Lockdowns sein, sondern dauerhaft niedrige
Infektionszahlen.

Dafür bräuchte es langfristige Strategien für das gesamte nächste
Jahr. Ein Baustein neben den Impfungen und Tests könnte dafür sein,
die Bevölkerung auf breiter Front besser einzubeziehen. Der Virologe
könnte sich vorstellen, dass Vertrauenspersonen in großer Zahl von
Tür zu Tür gehen und unter anderem über Regeln aufklären, Hilfe
anbieten, Tests oder Masken organisieren. «Mitwirkung gelingt nicht
nur durch Appelle sondern auch durch Angebote», sagte
Schmidt-Chanasit. Damit können Wege gefunden werden, um bestimmte
Bevölkerungsgruppen wie etwa Jugendliche besser zu erreichen.