) «Ernste Lage» im Burgenlandkreis - Magdeburgs OB mit Sorge um Heime

Ein großer Schlachtbetrieb in Weißenfels gerät in den Fokus, weil
sich dort Corona-Infektionen häufen. Aber nicht nur er bereitet dem
Burgenlandkreis Sorgen. In Magdeburg gibt es unterdessen eine Debatte
um Altenpflegeheime.

Weißenfels/Magdeburg (dpa/sa) - Der Burgenlandkreis verzeichnet
derzeit das höchste Infektionsgeschehen in Sachsen-Anhalt - mit
besonders vielen Corona-Ansteckungen in Weißenfels. Bei dem dort
ansässigen Schlachtbetrieb Tönnies sind derzeit 172 Mitarbeiter mit
dem Sars-CoV-2-Erreger infiziert. Zuvor habe es einen großangelegten
Reihentest bei den Beschäftigten des Unternehmens gegeben, teilte
Ariane Körner vom Burgenlandkreis am Mittwoch mit.

Der Landkreis habe daher Gespräche mit dem Betrieb aufgenommen.
Dieser wolle die Betroffenen nun in einer gesonderten
Quarantäne-Einrichtung unterbringen. Zudem soll es Ende der Woche
erneute Tests geben. Der Landkreis hofft so, das Infektionsgeschehen
eindämmen zu können. Das Werk soll jedoch weiter geöffnet bleiben. Am

Tönnies-Standort in Weißenfels arbeiten nach Unternehmensangaben rund
2200 Mitarbeiter.

Der Fleischkonzern hat in Weißenfels seinen zweitgrößten Standort im

Bundesgebiet. Auch in Nordrhein-Westfalen arbeiten zahlreiche
Menschen für das Unternehmen. Tönnies hatte sein Werk in Ostwestfalen
in Nordrhein-Westfalen im Sommer wegen der Corona-Pandemie und einer
Vielzahl von Infektionen bei den Arbeitern vorübergehend schließen
müssen.

Aber nicht nur bei Tönnies ist die Lage angespannt: Im gesamten
Burgenlandkreis habe es in den vergangenen sieben Tagen knapp 250
Infizierte pro 100 000 Einwohner gegeben, berichtete Landrat Götz
Ulrich (CDU). Vor einer Woche wurde noch eine Inzidenz von rund 130
gemeldet. Somit hätten sich die Zahlen fast verdoppelt. Ulrich
zufolge handelt es sich um eine «sehr ernste Lage». Besonders in
Weißenfels spitze sich die Situation weiter zu, daher müsse vorerst
im Stadtgebiet im Freien eine Maske getragen werden.

In Magdeburg machen derweil Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) die
Altenpflegeheime Sorgen. Ziel von Schnelltests für Besucherinnen und
Besucher sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner sei gewesen, das
neuartige Coronavirus aus den Heimen fernzuhalten. Aus den
Einrichtungen heraus gebe es aber Widerstand, weil der Aufwand als zu
groß empfunden werde, sagte Trümper.

Nun seien Bewohner und Mitarbeiter von vier Heimen in der Stadt
betroffen. In einem von ihnen wurden laut Trümper Infektionen bei 19
Bewohnern und 13 Mitarbeitern bekannt; drei Bewohner seien bereits
gestorben. Eine Reihe von Landkreisen meldete am Mittwoch
Neuinfektionen in Seniorenheimen.

Der Patientenschützer Eugen Brysch forderte, Kommunalpolitiker
müssten auch Verantwortung bei den Schnelltests in der Altenpflege
übernehmen. «Magdeburg ist bei der Schnelltest-Strategie für
Pflegeheime kein Sonderfall. Auch andere Stadtoberhäupter berichten
von dem gleichen Problem. Vielerorts reagieren ambulante und
stationäre Pflegedienste zurückhaltend bei den regelmäßigen
Antigentests. Die dünne Personaldecke reicht nicht aus, um diese
zusätzliche Aufgabe zu erledigen», erklärte der Vorstand der
Deutschen Stiftung Patientenschutz.

«Anstatt sich zu beklagen, braucht es Bürgermeister, die die
Altenpflege personell und organisatorisch unterstützen.» Insgesamt
sieht Trümper das Ziel des Teil-Lockdowns im November nicht erreicht.
Die Zahl der Neuinfektionen je 100 000 Einwohner und Woche hätte auf
50 gesenkt werden sollen - das sei nicht geschafft worden. In
Magdeburg mit 240 000 Einwohnern habe der Wert am Mittwoch bei 66,9
gelegen, das sei zu hoch.

Der Oberbürgermeister forderte die Menschen auf, die
1,5-Meter-Abstandsregel einzuhalten und ansonsten Maske zu tragen.
Das gelte auch auf dem Magdeburger Domplatz, wo sich am Wochenende
sehr viele Menschen tummelten. Dort stehen Lichtskulpturen und einige
wenige weihnachtliche Stände.

Landesweit wurden binnen eines Tages 534 Corona-Neuinfektionen
gemeldet. Die Zahl der aktuell Infizierten im Land stieg damit am
Mittwoch auf 4352, wie das Sozialministerium in Magdeburg mitteilte.
Am Vortag waren es 4352, eine Woche zuvor 3731. Von Dienstag auf
Mittwoch kletterte die Zahl der Gestorbenen, bei denen das Virus
nachgewiesen wurde, um 9 auf 190. Die Zahl der Ansteckungen mit
Sars-CoV-2 je 100 000 Einwohner im Land je Woche nahm binnen eines
Tages von 102,79 auf 106,34 zu. Vor einer Woche hatte der Wert bei
87,75 gelegen. Ab einer Marke von 50 gilt eine Region als
Risikogebiet - alle 14 Landkreise und kreisfreien Städte liegen
darüber.