«Planet ist kaputt»: Düstere Klima-Nachrichten - aber auch Hoffnung Von Christiane Oelrich, Gioia Forster und Christina Horsten, dpa

«Unser Planet ist kaputt», sagt der UN-Chef - und gleich mehrere
Klima-Berichte zeichnen ein ähnlich düsteres Bild. Hoffnung könnte
ausgerechnet die Corona-Pandemie bieten - wenn die Auswege aus beiden
Krisen verknüpft werden.

Genf/New York (dpa) - Gleich drei Klima-Berichte und
UN-Generalsekretär António Guterres haben am Mittwoch ein düsteres
Bild vom Zustand der Erde in der Klimakrise gezeichnet - aber mit dem
Weg aus der Corona-Pandemie auch Hoffnung auf Besserung verknüpft.
Das Jahr 2020 dürfte nach vorläufigen Analysen der
Weltwetterorganisation (WMO) eines der drei wärmsten seit Beginn der
Temperaturaufzeichnungen Mitte des 19. Jahrhunderts werden. Die
Weltnaturschutzorganisation (IUCN) sieht den Klimawandel nun als
größte Bedrohung der Weltnaturerbestätten.

Das UN-Umweltprogramm (Unep) mahnte unterdessen in einem weiteren am
Mittwoch veröffentlichten Klima-Bericht, dass die derzeit geplante
weltweite Produktion von fossilen Brennstoffen viel zu hoch sei, um
die Pariser Klimaziele bis 2030 erreichen zu können. «Unser Planet
ist kaputt», kommentierte UN-Chef Guterres an der New Yorker Columbia
Universität bei einer Rede zum Zustand der Erde. Der Weg aus der
Corona-Krise biete in dieser Hinsicht aber eine Chance. «Die
Corona-Erholung und die Reparatur des Planeten können zwei Seiten
derselben Medaille sein.»

Der Präsident der Pariser Klimakonferenz und ehemalige französische
Premierminister Laurent Fabius forderte Regierungen dazu auf, mittel-
und kurzfristige Klimaziele zu setzen und zu erfüllen. Es reiche
nicht aus, langfristige Ziele zu setzen, bei denen unsicher sei, ob
sie jemals umgesetzt würden. Das sei die Herausforderung für die
UN-Klimakonferenz in Glasgow im kommenden Jahr.

Der nächste Gipfel gilt als besonders wichtig: Die Staaten sollen bis
dahin ihre Klimaschutzpläne ehrgeiziger machen. Denn noch reichen sie
in der Summe längst nicht aus, um das Ziel des Pariser Klimaabkommens
von 2015 zu erfüllen, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad
zu begrenzen.

Die derzeit geplante weltweite Produktion von fossilen Brennstoffen
sei viel zu hoch, um die Pariser Klimaziele bis 2030 erreichen zu
können, betonte auch das UN-Umweltprogramm Unep. Um den globalen
Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, müsste die
internationale Gemeinschaft ihre Produktion von fossilen Brennstoffen
jährlich bis 2030 um rund sechs Prozent reduzieren. Derzeit sei aber
ein jährlicher Anstieg um zwei Prozent geplant - damit würde bis 2030
doppelt so viel fossiler Brennstoff produziert werden, wie mit dem
Pariser Klimaziel vereinbar wäre.

Die Chefin des UN-Umweltprogramms, Inger Andersen, sagte, die
Corona-Pandemie biete eine Chance, die Volkswirtschaften weltweit
mithilfe von «Investitionen in kohlenstoffarmen Energien und
Infrastruktur» wiederzubeleben.

Die Weltwetterorganisation teilte mit, dass die
Durchschnittstemperatur für Europa in den ersten zehn Monaten 2020
höher als je zuvor gewesen sei. Klar sei schon jetzt, dass die Jahre
seit 2015 die sechs wärmsten seit Messbeginn seien. Der
Temperaturrekord wurde 2016 mit plus 1,2 Grad im Vergleich zum
vorindustriellen Niveau erreicht.

Die jetzigen Vorhersagen beziehen sich auf Messungen von Januar bis
Oktober. In diesen Monaten lag die globale Durchschnittstemperatur um
1,11 bis 1,23 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900.
Dies, obwohl sich das alle paar Jahre auftretende Wetterphänomen La
Niña im September entwickelte, das eigentlich mit
Temperaturabkühlungen einhergeht. Besonders drastisch waren die
Messergebnisse nördlich des Polarkreises in Sibirien: Die Temperatur
lag dort von Januar bis Oktober mehr als fünf Grad über dem
Durchschnitt von 1981 bis 2010.

WMO-Generaldirektor Petteri Taalas sieht aber auch Anlass zu
Optimismus, weil immer mehr - und vor allem große Länder - auf das
Ziel der CO2-Neutralität einschwenkten. Er nannte die EU, Japan,
Südkorea und - in naher Zukunft - die USA. «Auch China als Land mit
dem größten CO2-Ausstoß - es ist eine gute Nachricht, dass China dem

Club der CO2-neutralen Länder beitritt», sagte Taalas. Er hoffe, dass
Russland und Indien dies auch zügig täten.

Der Klimawandel sei inzwischen auch zur größte Bedrohung der
Weltnaturerbestätten weltweit geworden, teilte die
Weltnaturschutzorganisation IUCN mit, das weltweit größte Netzwerk
staatlicher und nichtstaatlicher Umweltorganisationen. Die globale
Erwärmung sei bei einem Drittel der Gebiete eine «hohe oder sehr hohe
Bedrohung». 2014 war das erst bei einem Viertel der Fall. Auch das
Weltnaturerbe Wattenmeer an der Nordsee gehört zu den betroffenen
Regionen mit einer «sehr hohen Bedrohung» durch den Klimawandel.