Naturschutzunion: Klimawandel nun größte Bedrohung für Weltnaturerb e Von Christiane Oelrich, dpa

Als Weltnaturerbe werden Regionen ausgezeichnet, die einzigartige
Natur bieten. Regierungen müssen sie dann besonders schützen. Ein
weltweites Problem wird dabei immer bedrohlicher.

Gland (dpa) - Der Klimawandel ist zur größten Bedrohung der
Weltnaturerbestätten weltweit geworden. Die globale Erwärmung ist bei
einem Drittel der Gebiete eine «hohe oder sehr hohe Bedrohung», wie
die Weltnaturschutzunion (IUCN) am Mittwoch berichtete. 2014 war das
erst bei einem Viertel der Fall.

Auch das Weltnaturerbe Wattenmeer an der Nordsee gehört zu den
betroffenen Regionen, mit einer «sehr hohen Bedrohung» durch den
Klimawandel. Die Erwärmung und der steigende Meeresspiegel gefährden
es als Brutstätte für Zugvögel. Die Aussichten für das Überleben
des
Wattenmeers in der absehbaren Zukunft schätzt die IUCN aber dennoch
als «gut» ein - wenn die laufenden Erhaltungs- und Schutzmaßnahmen
fortgesetzt werden.

Als Weltnaturerbe zeichnet die UN-Kulturorganisation Unesco Regionen
mit einzigartiger und erhaltenswürdiger Natur aus. Die IUCN hat den
Zustand des Weltnaturerbes nun nach 2014 und 2017 zum dritten Mal
geprüft. Der Klimawandel beeinträchtige jetzt 83 der heute 252
Stätten. Vor drei Jahren waren es 62, vor sechs Jahren 35. Es gibt
viele Bedrohungen neben dem Klimawandel, darunter Tourismus,
Abholzung oder Straßenbau. Die IUCN beurteilt zudem die
Überlebenschancen aller Stätten nach vier Kategorien: «gut«, «gut
mit
Bedenken», «erhebliche Bedenken» und «kritisch».

Alarm schlagen die Wissenschaftler beim größten Korallenriff der
Welt, dem Great Barrier Reef vor der Ostküste Australiens. Es
befindet sich bei den Überlebensaussichten neu in der höchsten
Kategorie «kritisch». Die Erwärmung und Versauerung des Meeres führ
t
dort zum Absterben der Korallen. Ebenso neu gelistet sind dort die zu
Mexiko gehörenden Inseln im Golf von Kalifornien. Schon vor drei
Jahren waren in dieser Kategorie auch der Everglades Nationalpark in
Florida, der Nationalpark am Turkana-See in Kenia und der tropische
Regenwald auf Sumatra in Indonesien.

«Der Bericht zeigt: Klima- und Artenschutz gehen Hand in Hand»,
meinte Florian Titze, Experte für Biodiversität bei der
Umweltstiftung WWF. «Heizen wir weiter die Klimakrise an, zerstören
wir nicht nur unsere Naturdenkmäler, sondern bedrohen die
Artenvielfalt weltweit. Diese Verbindung müssen wir umdrehen: Wenn
wir zum Beispiel unsere Wälder aufforsten und unsere Moore wieder
vernässen, binden wir damit auch CO2.»

Eine Erfolgsgeschichte ist dagegen der Comoé-Nationalpark in der
Elfenbeinküste. Mit einem besseren Management und internationaler
Hilfe hat sich die Lage dort seit 2014 kontinuierlich verbessert. Der
Nationalpark ist jetzt bei den Zukunftsaussichten aufgerückt in der
Kategorie «gut, mit Bedenken». Verbessert haben sich auch der
Landschaftspark Wulingyuan in China und der Giant's Causeway («Damm
des Riesen»), ein fünf Kilometer langer Damm in Nordirland, wo
tausende Basaltsäulen aus dem Wasser ragen.

Die Folgen der Corona-Pandemie machen sich auch beim Weltnaturerbe
bemerkbar. Das Ausbleiben der Touristen hat zwar einigen Orten gut
getan, aber insgesamt überwiegen die negativen Auswirkungen, wie die
IUCN schreibt. Ohne Touristen bleibe etwa das Geld für Ranger in
Nationalparks aus und illegale Aktivitäten blühten auf.

Die IUCN ist das weltweit größte Netzwerk staatlicher und
nichtstaatlicher Umweltorganisationen. Sie hat nach eigenen Angaben
mehr als 1400 Mitglieder, darunter etwa die Umweltstiftung WWF und
die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).