RKI-Chef Wieler «bedrückt»: Erst Dank, dann Molotowcocktails

Berlin (dpa) - Die Corona-Pandemie hat aus Sicht des Präsidenten des
Robert Koch-Instituts (RKI) zu großer Solidarität, zunehmend aber
auch zu bedenklichen Entwicklungen geführt. Noch zu Ostern habe sein
Institut von einem Hotel 150 kleine Osterlämmer für die Mitarbeiter
geschenkt bekommen, vor einigen Wochen seien dann Molotowcocktails
gegen ein RKI-Gebäude geworfen worden, sagte Präsident Lothar Wieler
am Dienstagabend in einer Videoschalte bei einer Kongresseröffnung.
«Das bedrückt mich sehr.» Das Institut mache ja die gleiche Arbeit
wie zuvor. Prinzipiell sei er aber der Ansicht, dass die Gesellschaft
Zusammenhalt und Stärke gezeigt habe, sagte Wieler auf eine Frage zu
Veränderungen durch Corona. Nach dem Angriff auf das Gebäude Ende
Oktober hatte der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

Wieler sagte, seiner Ansicht nach habe die Krise auch zu einer Erdung
vieler Menschen geführt, er hoffe auf nachlassenden «Konsumwahnsinn».

«Ich hoffe, dass diese Krise uns den Blick geöffnet hat auch für
nachhaltige Lösungen in der Klimaproblematik. Wenn wir sehen, was wir
alles plötzlich möglich gemacht haben (...) unter dieser
Herausforderung, dann weiß ich, dass wir auch andere Sachen wuppen
können», sagte Wieler. Auch sein eigenes Leben sei eintönig geworden

und von Videokonferenzen dominiert, obwohl er als Rheinländer das
Feiern und soziale Kontakte liebe, berichtete der Mikrobiologe und
Tiermediziner. Er sei aber vernunftgetrieben und halte durch.

Mit einer Rede bei der Eröffnung des 20. Kongresses der Deutschen
Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
(Divi) richtete sich Wieler an das Fachpublikum: «Wir haben schon
viel geschafft. Bitte halten Sie weiter durch, bis im nächsten Jahr
die Impfungen das Geschehen kontrollierbar machen.» Es bedrücke ihn,
dass es in Deutschland nicht gelungen sei, «diese große Zahl von
Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern zu verhindern». Er schloss
mit einem Verweis auf Loriot, der einmal gesagt habe: «In
Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten nach
Schuldigen.»