Koalitionsstreit um Durchsetzung von Corona-Regeln auf Demos

Bei Demonstrationen gegen die Corona-Regeln missachten zahlreiche
Teilnehmer auch in Brandenburg diese demonstrativ und ganz bewusst.
Über die Durchsetzung dieser Maßnahmen kommt es nun in der
Kenia-Koalition zum Krach zwischen SPD und CDU.

Potsdam (dpa/bb) - Die SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag hat
Innenminister Michael Stübgen (CDU) wegen des Verhaltens der Polizei
bei Anti-Corona-Demonstrationen scharf angegriffen. Stübgen habe
bereits im Oktober angekündigt, mit verstärkten Kontrollen die
Einhaltung der Corona-Regeln durchzusetzen, sagte die innenpolitische
Sprecherin der Fraktion, Inka Gossmann-Reetz, am Dienstag. Dennoch
seien weder eine Demonstration in Cottbus noch die Kundgebung am
vergangenen Wochenende in Frankfurt (Oder) aufgelöst worden, obwohl
zahlreiche Teilnehmer sich geweigert hätten, den Abstand zu halten
und Masken zu tragen.

Dies sei ein schlimmes Signal für den Rechtsstaat, konstatierte die
SPD-Landtagsabgeordnete. «Radikale Rechtsbrecherinnen und
Rechtsbrecher dürfen öffentlich demonstrieren und potenzielle
Superverbreitungs-Veranstaltungen abhalten, während alle anderen
Brandenburgerinnen und Brandenburger mit Verfolgung zu rechnen haben,
wenn sie die überlebenswichtigen Corona-Regeln nicht einhalten.»

Dagegen erklärte Stübgen, die Polizei müsse das Grundrecht auf
Versammlungsfreiheit gewährleisten, die Hygieneregeln durchsetzen und
dabei stets deeskalierend auftreten. «Diesen schweren Auftrag erfüllt
Brandenburgs Polizei seit Anbeginn der Corona-Pandemie stets mit
Augenmaß und im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben.» Er könne
verstehen, dass die Corona-Infektionen Besorgnisse auslösten. «Das
sollte aber nicht dazu verleiten, mit öffentlichen Erklärungen
unserer Polizei in den Rücken zu fallen», sagte Stübgen.

In Brandenburg regiert eine rot-schwarz-grüne Kenia-Koalition. Der
SPD-Fraktionsvorsitzende Erik Stohn schlug am Dienstag eine
Obergrenze für Versammlungen vor. «Wir müssen einfach erkennen, dass

von diesen Demos, weil sich nicht an Auflagen gehalten wird, ein
großes Infektionsrisiko ausgeht.» Der Gesundheitsschutz und die
Versammlungsfreiheit müssten in Einklang gebracht werden.

Der SPD-Fraktionschef schlug für Demonstrationen eine Begrenzung der
Teilnehmerzahl nach Fläche vor und verwies darauf, dass ein solches
Modell bei Kunden in Geschäften gelte. Derzeit gibt es keine
Beschränkung der Teilnehmerzahl für Versammlungen. Wer mitmacht, muss
aber Mindestabstand und Maskenpflicht einhalten.

Das Innenministerium hatte in einer Antwort auf eine Anfrage von
Gossmann-Reetz erklärt, dass der Versammlungsleiter bei der
Demonstration in Cottbus Ende Oktober nach Aufforderung durch die
Polizei vor jedem Redebeitrag auf die Einhaltung der Corona-Regeln
hingewiesen habe. «Insgesamt wäre in Würdigung der Gesamtumstände
eine Auflösung der Versammlung als unverhältnismäßig zu bewerten
gewesen und wurde deshalb nicht angeordnet», hieß es in der Antwort
von Innenstaatssekretär Uwe Schüler.