Studie zeigt: Milchkühen in Deutschland geht es oft schlecht

Von wegen glückliche Kühe: Seit langem ist die Viehhaltung in der
Kritik, mehrere Jahre lang haben Wissenschaftler jetzt die Gesundheit
von Kühen und Kälbern untersucht. Das Ergebnis: Viele Tiere sind
krank.

Hannover (dpa) - Viele Kühe in Deutschland sind zu mager, sie lahmen
oder enden zu früh im Schlachthof. Auch die Kälbersterblichkeit ist
hoch, wie eine am Dienstag bekanntgewordene Studie eines
Forschungsteams aus Hannover, Berlin und München ergab. Demnach
erreicht jedes zehnte Kalb wegen Totgeburt oder Todes während der
Aufzucht den vierten Lebensmonat nicht. Männliche Kälber sind öfter
krank und schlechter versorgt als weibliche.

Je nach Region ist ein Fünftel bis mehr als ein Drittel der Milchkühe
pro Betrieb zu mager, wie die Studie ergab. Darüber hinaus sind viele
Tiere lahm - im Norden sind es 22,8 Prozent der Tiere, im Osten 39,4
Prozent und in Bayern 22,7 Prozent.

Für die Studie besuchten die Forscher über einen Zeitraum von etwa
drei Jahren regelmäßig 765 Milchkuhbetriebe in Schleswig-Holstein und
Niedersachsen (Region Nord), Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg,
Thüringen und Sachsen-Anhalt (Region Ost) sowie in Bayern (Region
Süd). Untersucht wurden insgesamt über 186 000 Tiere, auch wurden
Tierhalter interviewt. Beteiligt an der Studie waren Forscher der
Tierärztlichen Hochschule Hannover, der Freien Universität Berlin und
der Ludwig-Maximilians-Universität München. Gefördert wurde die
Studie vom Bundeslandwirtschaftsministerium.

Die Studie offenbare große Unterschiede zwischen den untersuchten
Betrieben, schrieben die Autoren. Das liege einerseits an regionalen
Besonderheiten und der Betriebsgröße, andererseits aber auch an der
Art der Betriebsführung. Viele Betriebe seien hinsichtlich der
Tiergesundheit gewissenhaft geführt, allerdings gebe es einen «nicht
unerheblichen Anteil» an Betrieben, wo vermehrt Lahmheit,
Kälberkrankheiten oder Stoffwechselerkrankungen auftreten.

Allerdings sei die Datengrundlage unsicher, weil sie oft auf
Schätzung beruhe, schrieben die Studienautoren. Tierhalter
unterschätzten die Krankheitsfälle der Tiere oft. Die Forscher
empfahlen etwa eine gesetzlich festgeschriebene Hygieneverordnung,
die Einrichtung von Hygieneschleusen, zugekaufte Tiere müssten in
Quarantäne, ausreichend Schutzkleidung müsse vorhanden sein, ebenso
ein Mindestmaß an Fläche für Krankenbuchten für Kälber, Jungtiere
und
Kühe.

Der überwiegende Anteil der Lahmheitsfälle, nämlich mehr als 90
Prozent, sei auf Klauenerkrankungen zurückzuführen. Gründe seien eine

zu lang andauernde Druckbelastung wegen zu langer Stehzeiten oder
unzureichender Klauenpflege, infektiös bedingte Erkrankungen
lägen dagegen vor allem an Hygienemängeln. Lahmheit löse Schmerz und

Stress der Tiere aus und bedeute wirtschaftliche Einbußen wegen der
Behandlungskosten und geringerer Milchleistung.

Studienleiterin Martina Hoedemaker von der Tierärztlichen Hochschule
Hannover hatte der «Neuen Osnabrücker Zeitung» kürzlich gesagt, es

gebe zwar kein generelles Tierschutzproblem in der Milchviehhaltung,
«aber es gibt dringenden Handlungsbedarf auf vielen Betrieben». Die
Ergebnisse der Studie seien teils besorgniserregend: «Lahme und auch
abgemagerte Kühe sind auf vielen Betrieben zur Normalität geworden.
Das darf eigentlich nicht sein.» Der Deutsche Tierschutzbund rief die
Bundesregierung der Zeitung zufolge auf, die Haltungsbedingungen von
Milchkühen in Deutschland zu verbessern.