Erstmals Testangebot für Tausende Kinder in Corona-Hotspot

Der Thüringer Kreis Hildburghausen hat auf explodierende
Corona-Infektionszahlen mit einem harten Lockdown reagiert. Seit fast
einer Woche sind alle Schulen und Kitas dicht. Ein flächendeckendes
Testangebot soll das ändern.

Hildburghausen (dpa) - Im Corona-Hotspot Hildburghausen können sich
erstmals in Deutschland tausende Kindergarten- und Schulkinder sowie
Lehrer und Erzieher freiwillig auf das Virus testen lassen. Die nach
Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums bisher einmalige Aktion
startete am Dienstag im Kindergarten «Werraspatzen» in der Stadt
Hildburghausen. Bis 4. Dezember gilt laut Landratsamt das Testangebot
in dem Kreis an der Grenze zu Bayern, mit dem die Wiederöffnung der
Kindergärten und Schulen ermöglicht werden soll. Sie sind nach einem
explosionsartigen Anstieg der Infektionszahlen seit dem 25. November
geschlossen.

Wie viele Kinder, Jugendliche, Lehrer, Erzieher und Angestellten die
angebotenen Schnelltests nutzen, war zunächst offen. Auch ihr Nutzen
ist umstritten, nicht alle Kommunalpolitiker des Kreises unterstützen
die Aktion. Eltern, die mit ihren Kindern vor der Kita «Werraspatzen»
auf den Schnelltest warteten, teilten die Vorbehalte nicht. Sie sei
Kindergartenerzieherin, habe also viel Kontakt mit den Kleinsten und
wolle sich deshalb testen lassen, sagte eine Mutter. Angst, dass
ihrem einjährigen Sohn der Test schaden könne, habe sie nicht. «So
was ist schnell wieder vergessen.»

Der Südthüringer Kreis war tagelang die Region in Deutschland mit der
höchsten Inzidenz mit bis zu 630 Neuinfektionen pro 100 000
Einwohnern in sieben Tagen. Am Dienstag ging der Wert weiter zurück
und lag laut Gesundheitsministerium bei 519.

Nach dessen Angaben stehen insgesamt rund 11 000 Antigen-Tests zur
Verfügung. Unterstützung bei den Tests leisten demnach das Deutsche
Rote Kreuz, das Technische Hilfswerk und die Bundeswehr. Nach Angaben
des Thüringer Bildungsministeriums gibt es in dem Kreis etwa 6300
Schüler und 2700 Kindergartenkinder. Hinzu kämen ihre Betreuer.

Etwa ein Drittel der Kinder aus den städtischen Kindergärten und die
Mehrheit der Erzieherinnen und Erzieher hätten sich zum Test
angemeldet, sagte Hildburghausens Bürgermeister Tilo Kummer (Linke),
der sich ebenfalls untersuchen ließ. Die Tests seien auch dann
wichtig und richtig, wenn nur ein Teil der Kinder in der Region
untersucht werde, sagte der Bürgermeister. «Wir werden dann sehen,
wie hoch der Anteil der Tests ist, die positiv ausfallen.»

Land und Kreis hätten sich zu den Tests bei gleichzeitiger Schließung
von Schulen und Kindergärten entschlossen, um herauszufinden, ob die
Einrichtungen wirklich eine erhöhte Corona-Dunkelziffer aufwiesen,
sagte Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) in
Erfurt.

Sie sieht den Grund für die hohe Inzidenz in einer «gewissen
Sorglosigkeit über den Sommer». So habe eine Hochzeitsfeier zu einer
großen Anzahl Infizierter geführt, auch sogenannte Garagenparties
hätten eine Verbreitung des Virus zur Folge gehabt, sodass jetzt ein
diffuses Infektionsgeschehen vorliege. Außerdem spiele wohl auch die
hohe Zahl der Pendler nach Bayern eine Rolle, sagte die Ministerin.

Nach einer in der Nacht zu Dienstag veröffentlichten neuen Verordnung
des Kreises können Kindergärten und Schulen, an denen es Schnelltests
gab, Kinder und Jugendliche mit negativem Testergebnis am Folgetag
wieder betreuen. Unabhängig davon sollen alle Schulen des Kreises am
14. Dezember wieder in den eingeschränkten Regelbetrieb gehen, heißt
es darin.

Erst am Wochenende waren die Beschränkungen im Kreis Hildburghausen
mit einem Verbot unangemeldeter Versammlungen nochmals verschärft
worden. Damit reagierte das Landratsamt auf eine spontane
Protestaktion gegen den Lockdown vor einer knappen Woche, bei der
hunderte Menschen singend und teilweise ohne Einhaltung der
Infektionsschutzregeln durch die Stadt gezogen waren.