Forscher: Deutschland Schlusslicht im Kampf gegen Tabakkonsum

Heidelberg (dpa) - Deutschland ist nach Angaben des Deutschen
Krebsforschungszentrums (DKFZ) europäisches Schlusslicht im Kampf
gegen den gesundheitsschädlichen Tabakkonsum. «Die Politik hat
weitgehend versagt bei der Tabakkontrolle», sagt Ute Mons bei der
Vorstellung des DKFZ-Raucheratlas am Dienstag. Es gebe anders als in
anderen Ländern keine umfassende Strategie, Menschen zu motivieren,
mit dem Rauchen aufzuhören, sagte die Expertin für Krebsprävention in

Heidelberg. Wirksame Maßnahmen seien etwa kostenlose Entwöhnkurse,
Stopp jeglicher Werbung von Tabakprodukten und deutliche Erhöhungen
der Tabaksteuer. Solche Schritte sei Deutschland nicht oder nur
zögerlich angegangen. So sei immer noch Tabakwerbung in Tankstellen
und Supermärkten erlaubt.

Über den Preis seien vor allem Jugendliche vom Einstieg ins Rauchen
abzuhalten. Der Anteil der Raucher beträgt bei den Jungen 6 Prozent
und bei den Mädchen bei 5,2 Prozent. In der Gruppe der 25- bis
69-Jährigen raucht fast jede vierte Frau. Bei den Männern ist es ein
knappes Drittel. Der Atlas zeigt auch einen deutlichen Zusammenhang
zwischen Tabakkonsum und Bildung: Beinahe 60 Prozent aller Raucher
und knapp 50 Prozent aller Raucherinnen haben keinen Schulabschluss.

Mons forderte stärkere Anstrengungen für einen Rauchstopp bei den
mittleren Altersgruppen. «Diese sind bei den Bemühungen um einen
Rauchstopp vernachlässigt worden.» Die geburtenstarken Jahrgänge der

Baby-Boomer zeigten jetzt die Folgen des schädlichen Konsums. Der Weg
aus starker Abhängigkeit sei leichter zu finden, wenn sich
niedergelassenen Ärzte, Versicherungen und Suchtberatungsstellen
vernetzten. Finanzielle Hürden zur Rauchentwöhnung müssten abgebaut
werden. DKFZ-Chef Michael Baumann wies darauf hin, dass der Entzug
auch bei Krebs-Kranken noch Sinn habe. So könne das Risiko von
Rückfällen und Neuerkrankungen reduziert werden.

Die Zahl der infolge des Rauchens an Krebs Erkrankten lag laut DKFZ
im Jahr 2018 bei 85 000. 127 000 Menschen starben an den Folgen des
Tabakkonsums. Das sind gut 13 Prozent aller Todesfälle.

Überdies kritisieren die Experten den Einfluss der Lobby der
Tabakindustrie auf die Politik. Die Kontakte zwischen Lobbyisten und
Politik seien nicht transparent genug. Während das Bundesgesundheits-
und Bundesagrarministerium diese offenlege, verweigerten dies das
Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerium.