Hans fordert Corona-Disziplin - Kontroverse Debatte im Landtag

Breite Unterstützung gab es im saarländischen Landtag für schärfere

Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Streit gab es dennoch: Über die
Art und Weise, wie die Maßnahmen zustandekommen.

Saarbrücken (dpa/lrs) - Der saarländische Ministerpräsidenten Tobias

Hans (CDU) hat die Bevölkerung des Landes zu weiterer Disziplin im
Kampf gegen die Corona-Pandemie aufgefordert. «Wir sind immer noch in
einer sehr kritischen Phase der Pandemie und längst noch nicht auf
der sicheren Seite. Genau da müssen wir aber hin», sagte er am
Dienstag in einer Sondersitzung des Landtages in Saarbrücken. «Das
Geschehen ist noch äußerst instabil.»

Bei einer von der oppositionellen Linkspartei beantragten
Sondersitzung gab es breite Unterstützung für die am Sonntag per
Verordnung noch einmal verschärften Maßnahmen zur
Pandemie-Bekämpfung. Heftig umstritten war jedoch die Frage, wann und
wie das Parlament bei der Beschränkung von Grundrechten
mitentscheiden muss. Hans kündigte an, die Landesregierung werde
künftig nach jeder neuen Corona-Rechtsverordnung eine Sondersitzung
des Landtages einberufen, um die Maßnahmen im Parlament zu
diskutieren.

Dies wurde vom Vorsitzenden der Linksfraktion, Oskar Lafontaine, als
unzureichend zurückgewiesen. «Es geht hier um unsere demokratische
Ordnung», sagte Lafontaine. Grundrechtseinschränkungen könnten «nic
ht
mal eben so durch Verordnungen erlassen» oder in einem
Parlamentsausschuss genehmigt werden: «Wenn, dann müssen Sie im
Plenum behandelt werden.» Das Parlament müsse zwischen einer
Verständigung der Länder-Ministerpräsidenten und einem Beschluss der

Landesregierung beteiligt werden. «Das Angebot, nach den
Entscheidungen hier zu debattieren, ist für uns natürlich nicht
ausreichend.»

Die Abgeordnete Dagmar Heib (CDU) meinte hingegen, 32 Beratungen des
Gesundheitsausschusses während der Pandemie seien «eine ganz
ordentliche Beteiligung des Parlaments» gewesen. «Wir handeln
verfassungsgemäß», betonte sie. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich
Commerçon schlug vor, den Landtag nach Beratungen der
Länder-Ministerpräsidenten über das Erweiterte Präsidium des
Parlamentes zu beteiligen. Der Landtag müsse nicht alle 14 Tage
zusammenkommen, um über Detailfragen zu beraten. Hans begrüßte diesen

Vorschlag und sagte, das Präsidium könne auch schon vor einem Treffen
der Ministerpräsidenten beraten.

Commerçon forderte die Landesregierung vor allem auf, endlich
Entscheidungen auch wissenschaftlich zu begründen: «Grundlage unserer
Entscheidungen müssen Zahlen, Daten und Fakten sein und nicht nur ein
Bauchgefühl.» Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) warnte vor
einem Streit zwischen Bund und Ländern über die Finanzierung der
Corona-Hilfen: «Das ist eine Phantomdebatte». Sie sei besorgt, dass
die Auszahlung der November-Hilfen nicht rasch genug erfolge.

Hans bekräftigte in seiner Regierungserklärung, für die Tage von
Weihnachten bis Silvester könne die Kontaktreduzierung gelockert
werden, «wenn die Infektionszahlen wie erhofft rückläufig sind».
Derzeit sind private Treffen auf maximal fünf Personen aus dem
eigenen und einem weiteren Haushalt begrenzt. Je schneller die
Infektionszahlen sänken, desto rascher könnten auch Restaurants
wieder öffnen.

Das Infektionsgeschehen sei «unberechenbar», sagte der
Ministerpräsident. Das Virus sei «sehr viel stärker in die gesamte
Breite der Bevölkerung eingedrungen». Die Zahl der Neuerkrankungen
über sieben Tage hinweg sei zwar auf 124 pro 100 000 Einwohner
gesunken, doch müsse ein Wert von 50 erreicht werden: «Davon sind wir
derzeit noch weit entfernt.» Hans appellierte an die Bürger, sich
impfen zu lassen, sobald eine Impfung gegen Covid-19 möglich sei:
«Ich werde mich jedenfalls, wenn ich an der Reihe bin, impfen
lassen.»

Lafontaine bedauerte ebenso wie Commerçon, «dass es kaum irgendwo
eine Zahlengrundlage gibt». Er plädierte erneut für eine
«Reichensteuer» um in Existenznot geratenen Bürgern zu helfen. Er
setzte sich auch für eine «vorsichtige Öffnung» im Bereich der
Gastronomie ein. Das Parlament lehnte einen Antrag der AfD ab, wonach
die Regierung Grundrechte nicht ohne Zustimmung des Landtages
einschränken dürfe.