Mond, Mars, Hollywood: Weltweite Pläne für Reisen ins All Von Christina Horsten, dpa

Auf dem Mond könnte es demnächst eng werden, auch der Mars füllt sich

und die Raumstation ISS bleibt ein beliebtes Ziel: Die Liste weltweit
geplanter Raumfahrt-Missionen ist lang - und die Zahl mitmischender
Länder wächst. Raumfahrt-Pläne hat auch die Filmindustrie.

Washington (dpa) - Mond und Mars erleben einen Ansturm, die Technik
der Missionen wird ausgefeilter und immer mehr Länder mischen mit.
Die Liste weltweiter Raumfahrtpläne ist lang - und sogar die
Filmbranche ist involviert. Ein Überblick:

USA: Das Jahr 2021 wird für die US-Raumfahrtbehörde Nasa
Veränderungen mit sich bringen. Nach dem Sieg von Joe Biden bei der
US-Präsidentschaftswahl hat der vom amtierenden Präsidenten Donald
Trump ernannte derzeitige Nasa-Chef Jim Bridenstine bereits
angekündigt, aufhören zu wollen. Wer ihn und den auf ihn
folgenden kommissarischen Leiter Steve Jurczyk langfristig ersetzt,
war zunächst genauso unklar, wie die Frage ob der Demokrat Biden
grundsätzliche Änderungen an der Raumfahrtstrategie seines Landes
vornehmen will. Er hatte allerdings im Wahlkampf mehrfach
angekündigt, die Nasa im Kampf gegen die Klimakrise nicht nur im All,
sondern auch stärker geologisch auf der Erde forschen lassen zu
wollen.

Sicher ist: Im Februar 2021 soll mit «Perseverance» der nächste
Nasa-Rover auf dem Mars landen. Der Ende Juli gestartete, mehr als
eine Tonne schwere Roboter von der Größe eines Kleinwagens soll nach
Spuren früheren mikrobiellen Lebens suchen, das Klima und die
Geologie des Planeten erforschen und Proben von Steinen und Staub
nehmen. Auch mit dem Transport von Astronauten zur Raumstation
ISS soll es weitergehen - nach dem erfolgreichen Start mit dem «Crew
Dragon» möglicherweise bald auch mit dem problemgeplagten
«Starliner» von Boeing.

Darüber hinaus lautete die bisherige Strategie: Bis 2024 sollen der
nächste Mann und die erste Frau auf dem Mond landen - und beides
sollen Amerikaner sein. Zeitplan und Budget des Programms «Artemis»
sind allerdings knapp bemessen. Am Mond soll zudem eine Art
Raumstation geschaffen werden und als Basis für einen bemannten Flug
zum Mars dienen - das allerdings erst in fernerer Zukunft.

RUSSLAND: Die Raumfahrtnation Russland will trotz großer
wirtschaftlicher Probleme eine ganze Reihe ehrgeiziger Vorhaben im
Weltall voranbringen. Darauf pochte zuletzt auch Kremlchef Wladimir
Putin. Der Chef der Raumfahrtbehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin,
kündigte an, mit den Plänen etwa für Russlands Mond-Programm
durchzustarten. Dazu soll im Herbst 2021 erstmals seit 45 Jahren
wieder eine Mondmission - die Raumsonde «Luna 25» - starten. In
Etappen will Russland bis 2040 auf dem Erdtrabanten eine Raumstation
errichten.

Ende 2021 will Russland erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt wieder
zwei Weltraum-Touristen zur Raumstation ISS fliegen. Seit der ersten
Reise des US-Amerikaners Dennis Tito 2001 hat Russland insgesamt
sieben Touristen zur ISS gebracht, den letzten 2009. Die Kosten einer
solchen Reise werden auf 50 Millionen Dollar geschätzt.

Starten sollen zudem die Arbeiten an einem Spielfilm des Regisseurs
Klim Schipenko, von dem Teile im Kosmos gedreht werden. Der Streifen
mit dem Arbeitstitel «Wysow» (Herausforderung) hat das Ziel, den
Beruf des Kosmonauten heroisch darzustellen, wie Angaben Rogosins und
des staatlichen TV-Sender Perwy Kanal schließen lassen. Auch die USA
planen einen Dreh in der ISS. Hollywood-Star Tom Cruise soll eine der
Hauptrollen übernehmen.

Beim Projekt «Sphäre» für satellitengestützten Internet-Zugang wi
ll
Russland 600 Satelliten ins All bringen. Es gehöre zu den
strategischen Aufgaben, «Russlands Führung auf dem globalen
Raumfahrtmarkt zu behaupten», sagte Putin.

Russland will außerdem mit seinem Ruf als Weltraumnation Geld
verdienen. Dazu wird etwa der Spruch «Pojechali!» («Los geht's») vo
n
Juri Gagarin, dem ersten Menschen im Weltall, als Markenname
geschützt - für Schreibwaren, Kosmetik und andere Dinge, wie
Roskosmos mitteilte.

EUROPA: Das Jahr 2021 bringt ein Highlight für zwei Astronauten der
europäischen Raumfahrtagentur Esa: Der Franzose Thomas Pesquet und
der Deutsche Matthias Maurer sollen zur ISS fliegen. Der Franzose
soll bereits im Frühjahr ins All starten, der Saarländer im Herbst.
«Cosmic Kiss», kosmischer Kuss, heißt Maurers Mission. Der
ungewöhnliche Name ist der Europäischen Weltraumorganisation Esa
zufolge eine Liebeserklärung an den Kosmos. Ein halbes Jahr lang soll
Maurer auf der Internationalen Raumstation leben und arbeiten.

Die Esa bekommt 2021 einen neuen Chef. Der Österreicher Josef
Aschbacher löst den Deutschen Jan Wörner voraussichtlich im Sommer ab
- Mitte Dezember wurde er offiziell für den Posten ausgewählt.
Derzeit leitet Aschbacher das Erdbeobachtungs-Programm der Esa.
Wörner ist seit 2015 Generaldirektor der Organisation mit Sitz in
Paris.

Sorgen bereitet die neue europäische Trägerrakete «Ariane 6». Sie
hätte eigentlich schon Ende 2020 erstmals abheben sollen, unter
anderem wegen der Corona-Pandemie wird sich der Start nun wohl bis
2022 verzögern. «Wir haben zwar Entwicklungsprobleme, aber die
Qualität des Produktes wird nicht infrage gestellt», erklärte
Deutschland-Chef Pierre Godart des Raketenbauers ArianeGroup.

Die Esa geht außerdem davon aus, dass die neue Trägerrakete Vega C im
zweiten Quartal 2021 zum ersten Mal starten kann. Ende des Jahres
soll das neue James Webb-Teleskop vom europäischen Weltraumbahnhof
Kourou in Französisch-Guayana ins All starten. Das Teleskop ist ein
gemeinsames Projekt von Nasa, Esa und der kanadischen
Raumfahrtagentur CSA und Nachfolger des Hubble-Teleskops. Es soll das
Verständnis der Entstehung von Galaxien, Sternen und Planeten
erweitern.

CHINA: Gerade gelang China wieder ein Flug zum Mond - und nach der
Landung erstmals wieder zurück. Als dritte Raumfahrtnation nach den
USA und der Sowjetunion brachte China mit «Chang'e 5» Mondgestein zur
Erde - überhaupt das erste Mal wieder seit 1976. Erst im vergangenen
Jahr war China mit einer Sonde als erste Nation auf der reltiv
unerforschten Rückseite des Erdtrabanten gelandet.

Die ehrgeizigen Raumfahrtpläne Chinas sind von der Corona-Pandemie
nicht erkennbar beeinflusst worden. Bei seiner ersten unabhängigen
Mission zum Mars will China im Frühsommer 2021 auf dem «Roten
Planeten» landen. Das Raumschiff «Tianwen-1», das im Juli gestartet
war, besteht aus einem Orbiter, einem Landegerät und einem Gefährt
von der Größe eines Golfplatz-Fahrzeugs. Gelingt die riskante
Landung, wäre China nach den USA die zweite Nation der Welt, die
erfolgreich eine Sonde auf den Mars gebracht hat.

2021 soll auch der Bau einer eigenen chinesischen Raumstation
beginnen, indem das Kernmodul sowie zwei weitere Elemente ins All
gebracht werden.

JAPAN: Die asiatische Hightech-Nation Japan will sich ebenfalls bei
der Erforschung des Mondes engagieren. Dabei soll künftig Wasserstoff
als Treibstoff verwendet werden, den die Japaner aus den Eisvorkommen
des Mondes gewinnen wollen. Gemeinsam mit den USA will Japan in den
2020er Jahren an einer Mondstation bauen und um das Jahr 2035 eine
Treibstofffabrik am Südpol des Mondes errichten. Ziel ist es nach
Angaben der japanischen Raumfahrtagentur Jaxa, damit ein
wiederverwendbares Raumschiff zu versorgen. Zudem soll ein
Transportfahrzeug auf dem Mond angetrieben werden.

Die japanische Raumsonde «Hayabusa2» setzt derweil nach ihrer
kürzlich erfolgreich beendeten «Ryugu»-Mission ihre Reise durchs All

fort: diesmal lautet das Ziel «1998KY26». Dabei handelt es sich um
einen weiteren erdnahen Asteroid. Japan hofft, dass sich die Sonde
dem Himmelskörper im Juli 2031 nähern und seine Umdrehungen per
Kamera beobachten kann. Dieser Asteroid ist lediglich rund 40 Meter
groß und rotiert extrem schnell. Ein Objekt mit diesen Eigenschaften
wurde laut Experten bisher noch nie von einer Raumsonde besucht. Die
Forscher erwarten, dass die vergleichenden Beobachtungen die
gewonnenen Erkenntnisse aus der Hayabusa2-Mission vertiefen.

Zudem investiert die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt in die
Entwicklung diverser Satelliten, die unter anderem der Erforschung
des globalen Klimawandels dienen sollen. Auch im lukrativen Geschäft
mit Satellitentransporten will Japan weiter mitmischen.

VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE: Im globalen Wettlauf um die nächsten

Erfolgskapitel in der Raumfahrt mischen auch die Vereinigten
Arabischen Emirate immer stärker mit. Im Juli hatte der schwerreiche
Golfstaat als erste arabische Nation eine 1350 Kilogramm schwere
Raumsonde zum Mars losgeschickt. Sie hat die Hälfte ihrer Strecke
bereits hinter sich und soll am 9. Februar in eine Mars-Umlaufbahn
einschwenken. Die «Hope»-Mission soll helfen, das erste vollständige

Bild des Mars-Klimas über ein komplettes Mars-Jahr zu erfassen.

Zudem arbeiten die Emirate an einer Mond-Mission, bei der im Jahr 
2024 ein unbemanntes Raumfahrzeug zum Erdtrabanten starten und dort
in einer bisher unerforschten Gegend landen soll. In hohem Tempo
vorangetrieben wird das Raumfahrtprogramm von Scheich Mohammed bin
Raschid Al Maktum, Vizepräsident der Emirate und Emir von Dubai. Das
Land hofft auf wissenschaftliche Erkenntnisse, positive Effekte für
Wirtschaft und Bildung und Anreize für Investoren aus dem Ausland. 

Ziel ist gleichzeitig die Imagepflege - ähnlich wie bei
Nachbar Saudi-Arabien. Die Lage der Frauen- und Menschenrechte ist
Kritikern zufolge in beiden Staaten haarsträubend. Die saudische
Raumfahrtbehörde wurde per königlichem Dekret im Dezember 2018
geschaffen - kaum drei Monate nach der Tötung des
regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi.

INDIEN: Das indische Weltraumprogramm hat vor allem der
nationalistische Premier Narendra Modi vorangetrieben. Er will so
zeigen, dass sein Land international bedeutender wird. Auch in diesem
Jahr ist das Budget erhöht worden. Doch wegen Corona und
entsprechenden Beschränkungen gab es größere Rückschläge. Seit Co
rona
gab es erstmals im November Satellitenstarts - und das in einem Land,
das dafür bekannt ist, viele Satelliten relativ günstig ins All zu
schießen, auch für andere Länder.

Auch das für dieses Jahr geplante Prestigeprojekt «Aditya-L1» - eine

Mission zur Sonne - wurde vorerst verschoben. Es soll, wenn möglich
und Corona-Restiktionen dies erlaubten, 2021 stattfinden, sagte ein
Sprecher der indischen Raumfahrtsbehörde Isro. Auch eine erneute
Mondlandung mit Namen «Chandrayaan-3» sei 2021 geplant, nachdem ein
erster Versuch im vergangenen Jahr missglückt ist. Ein solches
Projekt ist bisher erst drei Nationen gelungen - den USA, der
Sowjetunion und China. Später will das Land auch Astronauten ins All
schicken («Gaganyaan»). Indische Astronauten werden zurzeit in
Russland dafür trainiert, sagte der Sprecher.

Einige Experten kritisieren, dass das Schwellenland mit seinen 1,3
Milliarden Einwohnern viel Geld für große Weltraumprojekte ausgibt,
während noch viele Menschen in Armut leben.