Baerbock zu Bundeswehreinsätzen: «Wir dürfen uns nicht wegducken»

Die USA fordern von Deutschland höhere Verteidigungsausgaben und mehr
militärisches Engagement. Die Grünen sind da nicht ganz abgeneigt -
ziehen aber auch gewisse Grenzen.

Berlin (dpa) - Grünen-Chefin Annalena Baerbock macht sich für eine
bessere Grundausrüstung der Bundeswehr stark und zeigt sich offen für
neue Auslandseinsätze. Es sei an der Zeit, auf die Vorschläge des
französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine souveräne
europäische Verteidigungspolitik zu antworten, sagte sie der
«Süddeutschen Zeitung». «Und das heißt, auch über Auslandseins
ätze zu
sprechen. Einfach wird das nicht. Aber wir dürfen uns nicht
wegducken.»

Baerbock sprach sich zwar dafür aus, mehr Geld für die
Grundausstattung der Soldaten auszugeben, bewertete
aber Investitionen in große Rüstungsprojekte skeptisch. «In manchen

Bereichen muss man mehr investieren, damit Gewehre schießen und
Nachtsichtgeräte funktionieren», sagte sie. «Wir wissen aber auch,
wie viel Geld im Militärhaushalt zum Fenster rausgeschmissen wird.»

Das Ziel der Nato, dass jeder Mitgliedstaat zwei Prozent des
Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgibt, lehnte Baerbock ab.
«Wir müssen erst über eine strategische Neuaufstellung sprechen, dann

über die Ausgaben», sagte sie. Sie sprach sich zwar für eine gerechte

Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten aus, sagte aber auch:
«Ein theoretisches Zwei-Prozent-Ziel hilft da nicht wirklich weiter.»

Die USA kritisieren Deutschland und andere europäische Nato-Partner
seit Jahren für mangelnde Verteidigungsausgaben. Das dürfte sich auch
nach dem am 20. Januar anstehenden Machtwechsel im Weißen Haus von
Donald Trump zu Joe Biden nicht ändern.

Die Bundesregierung hat zugesagt, bis 2024 1,5 Prozent der
Wirtschaftskraft in Verteidigung zu investieren - mehr aber auch
erstmal nicht. Dem Zwei-Prozent-Ziel stehen nicht nur Grüne und
Linke, sondern auch die SPD skeptisch gegenüber. Die Union will
dagegen daran festhalten.

Baerbock sprach sich auch dafür aus, sich bei einer neuen
US-Regierung für den Abzug der Atombomben aus Deutschland
einzusetzen. «Mit der neuen US-Administration besteht wieder
Hoffnung, über atomare Abrüstung zu sprechen», sagte sie.

Bereits die Regierung von US-Präsident Barack Obama habe stärkere
Abrüstungsbemühungen angestoßen, um einer Welt ohne Atomwaffen nähe
r
zu kommen. «Und ja, dazu zählt für mich auch der Abzug der
US-Atomwaffen aus Deutschland. Auch darüber müssen wir mit unseren
Bündnispartnern sprechen», sagte Baerbock. «Wir können ja nicht
einfach sagen, wir schicken die US-Atomwaffen mal eben zurück in die
USA.»

Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel sollen noch etwa 20
Atombomben lagern, die im Ernstfall von «Tornado»-Kampfjets der
Bundeswehr abgeworfen werden sollen. Das ist Deutschlands Beitrag zur
nuklearen Abschreckung der Nato. Neben den Grünen plädieren auch die
Spitzen der SPD für einen Abzug der Nuklearwaffen. Die Union ist
strikt dagegen.

Kritik an den Äußerungen Baerbocks zu den Verteidigungsausgaben kam
von der Linken. «Der schlechte Zustand in Teilen der Ausrüstung ist
nicht Ergebnis fehlender Milliarden, (...) sondern Ergebnis von
Fehlplanungen und schlechten Verträgen zur Freude der
Rüstungsindustrie», sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch. «Wenn es
etwas aufzurüsten gibt, dann unsere Schulen und die Bezahlung im
Gesundheitswesen.»

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann
meinte, die Vorschläge von Baerbock würden bedeuten, dass man das
Zwei-Prozent-Ziel konsequenterweise auch umzusetzen müsse. «Wir
brauchen keine theoretischen Vorschläge, sondern praktische», sagte
sie.