Streit vor Arbeitsgericht: Im Nebenjob bei Tönnies geputzt

Arbeitnehmer sind in der Regel verpflichtet, ihren Arbeitgeber über
Nebenjobs zu informieren. Bei einem Autozulieferer aus Bielefeld war
das in der Corona-Pandemie nicht geschehen. Die Firma kündigte
einigen Männern, die im Nebenjob bei Tönnies geputzt hatten. Jetzt
muss das Arbeitsgericht entscheiden.

Bielefeld/Rheda-Wiedenbrück (dpa/lnw) - Das Arbeitsgericht in
Bielefeld muss sich nach der hohen Zahl von Corona-Infizierten beim
Schlachtbetrieb Tönnies mit einer Reihe von Kündigungsschutzklagen
beschäftigen. Nach Angaben des Direktors des Arbeitsgerichts, Joachim
Klevemann, betreffen dabei mehrere Fälle mit Verhandlungen im
Dezember einen Automobilzulieferer. Dessen Angestellte hatten im
Nebenjob sonntags bei Tönnies die Werkshallen gereinigt - ohne ihren
Hauptarbeitgeber darüber zu informieren. Als sie in Quarantäne
mussten, fiel die Sache auf.

Ob ihre Entlassung rechtmäßig war, müssen jetzt die Richter
entscheiden. Die ersten beiden Fälle werden am Mittwoch (9.00 und
12.00 Uhr) verhandelt. Am 17. Dezember stehen weitere Verfahren an.

Was war passiert? Mitte Juni hatten die Kläger an einem Sonntag (14.
Juni) ihren letzten Arbeitseinsatz bei Tönnies. In der Folgewoche
arbeiteten die Angestellten regulär bei ihrem Hauptarbeitgeber von
Montags bis Freitags in der Spätschicht in Bielefeld. Anfang Mai war
es bei Tönnies-Konkurrent Westfleisch in Coesfeld zu einem
Corona-Ausbruch gekommen. Der Schlachtbetrieb musste vorübergehend
schließen. Bei Tönnies gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine
Infektionen. Aber dann: Am 16. Juni wurden, so das Arbeitsgericht,
dort 128 Beschäftigte in einer Woche positiv getestet. Kurz darauf
waren es bereits fast 700. Am 18. Juni schloss der Kreis Gütersloh
Schulen und Kitas. Tönnies musste den Betrieb stoppen.

Am 19. Juni gab der Kreis häusliche Quarantäne für die Mitarbeiter
vor, die sich auf dem Tönnies-Gelände in Rheda-Wiedenbrück
aufgehalten hatten. Dies galt auch für die jetzt klagenden Arbeiter.
Sie mussten ihre Spätschicht bei dem Autozulieferer für einen
Corona-Test unterbrechen. An dieser Stelle flog ihre Nebentätigkeit
auf. Einer der heutigen Kläger, so Klevemann, informierte das
Unternehmen in Bielefeld.

Die Kläger wollten wieder zu ihren Schichten erscheinen. Das aber
untersagte das Bielefelder Unternehmen und kündigte den Männern.
Begründung: Eine mögliche Corona-Infektion hätte sich in dem Betrieb

ausbreiten können und einen weitreichenden wirtschaftlichen Schaden
zur Folge gehabt. Die Kollegen der Kläger seien gesundheitlich
gefährdet gewesen. Das Unternehmen fühlte sich von seinen Arbeitern
getäuscht.

Das Arbeitsgericht muss jetzt prüfen, ob die Kündigungen aus formalen
Gründen unwirksam sind, weil die Firma eine Stellungnahmefrist des
Betriebsrates nicht eingehalten hatte. Sollten die Kläger hier Recht
bekommen, muss das Gericht prüfen, ob die Kläger ihre Pflichten
verletzt haben, weil sie ihren Arbeitgeber über die Nebentätigkeit
bei Tönnies nicht informiert hatten.