Kein Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes für «Querdenken»

Berlin (dpa) - Der Verfassungsschutz hat die «Querdenken»-Bewegung
nach Angaben von Bayerns Innenministers Joachim Herrmann (CSU) bisher
nicht förmlich zum Beobachtungsobjekt erklärt. Die Bewegung, die seit
Monaten Proteste gegen die Politik zur Eindämmung der Corona-Pandemie
organisiert, sei eine äußerst heterogene Gruppierung, die man genau
im Blick habe, sagte Herrmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
(RND, Sonntag). «Momentan ist aber der förmliche gesetzliche
Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes nicht eröffnet.»

Laut RND wollen die Sicherheitsbehörden vorerst auch weiterhin davon
absehen. Dies sei das Ergebnis einer Besprechung der Amtsleiter des
Bundesamtes für Verfassungsschutz und der 16 Landesämter in der
vergangenen Woche. «Im Moment reicht es noch nicht für eine
Einstufung zum Beobachtungsobjekt», zitiert das RND eine Quelle in
Sicherheitskreisen. Mit den «Querdenkern» verhalte es sich bundesweit
ähnlich wie mit den «Reichsbürgern». Nicht die ganze Bewegung sei
extremistisch, was nicht ausschließe, dass Rechtsextremisten in
einzelnen Bundesländern einen bestimmenden Einfluss ausübten.

Herrmann sagte dem RND: «Sollten in Zukunft tatsächliche
Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen bei der
«Querdenken»-Bewegung oder anderen Gruppierungen vorliegen, wird der
Verfassungsschutz die Beobachtung natürlich aufnehmen, und zwar
unverzüglich.» Schon heute sei deutlich, dass sich viele Teilnehmer
der Proteste in zunehmendem Maße entweder nicht an die Corona-Regeln
hielten «oder den Staat und seine Verfassungsorgane sogar frontal
angreifen», so der CSU-Politiker. «Dem kann und darf der Staat nicht
tatenlos zusehen.»

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier warnte davor, den Protest
gegen Corona-Maßnahmen pauschal zu verurteilen. «Wir müssen die
Corona-Demonstranten und ihre Sorgen ernst nehmen», sagte der
stellvertretende CDU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke
Mediengruppe. «Viele werden von den Maßnahmen hart getroffen, und sie
müssen eine Antwort bekommen, was wir warum tun.» Anders seien aber
diejenigen zu beurteilen, «die mit Gewalt unterwegs sind, den Staat
zerstören wollen oder mit der Reichskriegsflagge herumrennen». Es
diene der Prävention, wenn der Verfassungsschutz bei den Protesten
der «Querdenker» genau hinschaue.