Breite Landtags-Mehrheit unterstützt aktuelle Anti-Corona-Politik

Ministerpräsident Söder hat beim Anti-Corona-Kampf eine breite
Mehrheit des Landtags hinter sich. Die Parlamentsdebatte zeigt aber
auch: Manches geht einigen zu weit, manches ist einigen zu wenig.

München (dpa/lby) - Die Staatsregierung und weiteste Teile der
Landtags-Opposition ziehen beim Anti-Corona-Kampf weiterhin an einem
Strang - jedenfalls grundsätzlich. Grüne, FDP und SPD forderten am
Freitag im Landtag allerdings dringend eine Langfrist-Strategie durch
die Krise und übten teils deutliche Kritik an einzelnen Maßnahmen.
Die Grünen sprachen sich aber auch für noch mehr Wechselunterricht
aus. Die AfD war mit ihrer harschen Ablehnung der von Bund und
Ländern beschlossenen Corona-Schutzmaßnahmen einmal mehr isoliert.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte in einer
Regierungserklärung eindringlich vor einer Verharmlosung des
Coronavirus. «Viele haben den Ernst der Lage immer noch nicht
verstanden», sagte er. Das Virus bleibe aber «potenziell tödlich und

hochgefährlich». Und jeder Todesfall sei nicht nur eine statistische
Größe, sondern bedeute ein Schicksal für eine Familie. «Jeder
einzelne hätte sich auch auf Weihnachten gefreut.» Doch die Zahl der
Todesfälle nehme dramatisch zu. Am Ende des Jahres werde es heuer
sechs Mal so viele Tote durch Corona geben wie im Straßenverkehr.

Er verteidigte deshalb erneut die Verlängerung des Teil-Lockdowns.
Die Maßnahmen hätten zwar bereits zu einem Zwischenerfolg geführt,
man habe den Zusammenbruch des Gesundheitssystems verhindern können.
«Aber, auch das ist die Wahrheit, es reicht leider nicht.» Bei den
Infektionszahlen bleibe es noch immer bei einer «Seitwärtsbewegung».

Die Einschränkungen seien zwar schwerwiegend, aber unerlässlich.

Scharfe Kritik übte Söder an der «Querdenker»-Bewegung. Er empfinde

dies als ein «toxisches Gebräu aus Fake News, Angst, Hass und
Intoleranz», sagte er. «Nachdenken? Ja, immer. Querdenken? Nein.»

Die Landtags-Grünen bekannten sich zur Verlängerung und Verschärfung

des Teil-Lockdowns. Fraktionschefin Katharina Schulze forderte zudem
Klassenteilungen mit Wechsel- und Hybridunterricht ab Klassenstufe
acht flächendeckend in ganz Bayern und nicht nur in echten Hotspots.
Dies solle bis Weihnachten so praktiziert werden. «So geht sicheres
Lernen und so geht auch sicheres Lehren», betonte Schulze.

Zudem sprach sie sich für eine Rechtsgrundlage auf Bundesebene aus,
damit Kommunen Silvesterfeuerwerk in ihrem gesamten Gebiet untersagen
können. «Das Jahr 2020 hat es nicht verdient, mit einem bunten
Feuerwerk verabschiedet zu werden.» Es reiche auch eine Wunderkerze.

Schulze betonte, die Grünen trügen die jüngsten Beschlüsse von Bund

und Ländern mit. Sie sparte allerdings nicht mit deutlicher Kritik an
Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der Freistaat sei Spitzenreiter
in vielen Corona-Statistiken. Und Söder habe für Bayern eine
Fürsorgepflicht - der er angesichts der Daten nicht gerecht werde.

Insbesondere forderte Schulze von Söder einen «längerfristigen Plan
»
durch die Krise und eine bessere Kommunikation. Ziel müsse sein,
selbstbestimmte Bürger für den Kampf gegen die Pandemie zu gewinnen.
Und sie beklagte ein schleppendes Tempo bei der Digitalisierung der
Schulen oder bei der Auszahlung von Finanzhilfen für Betroffene.

FDP-Frakionschef Martin Hagen sagte: «Der «Lockdown light», er hat
sein Ziel verfehlt.» Die Entwicklung der vergangenen Wochen habe
gezeigt, dass Restaurants und Kultureinrichtungen nicht der
Infektionstreiber gewesen seien. Was in Bayern fehle, sei eine
langfristige Strategie im Kampf gegen das Virus auf allen Ebenen.
Stattdessen drohe eine Endlosschleife. «Das, was Sie beschlossen
haben, läuft auf einen monatelangen Lockdown hinaus.» Doch ein
Regiment eines Staates, das bürgerliche Freiheiten massiv beschneide
und «Unternehmer zu Almosenempfängern degradiert», ertrage eine
freiheitliche Gesellschaft «keinen Tag länger als unbedingt nötig».


SPD-Fraktionschef Horst Arnold sagte, die SPD trage die Beschlüsse im
Grundsatz mit und unterstütze sie. Allerdings mahnte er: «Das soziale
Leben in Grundzügen zu gewährleisten, beschränkt sich nicht nur auf
die Weihnachtstage und auch nicht auf Familie und Freunde.» Besonders
alte und vulnerable Menschen, Kinder und Jugendliche gelte es noch
mehr in den Blick zu nehmen. Nicht einverstanden sei die SPD etwa mit
der angekündeten Schließung der Volkshochschulen und Bibliotheken.

AfD-Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner bezeichnete die von
Bund und Ländern beschlossenen Corona-Schutzmaßnahmen als
«totalitär», rücksichtlos und brutal - und stellte in Bayern ein
Volksbegehren dagegen in Aussicht. «Alle Institutionen haben bisher
fast vollständig versagt: die Parlamente, die Gerichte und auch die
Medien», sagte Ebner-Steiner am Freitag im Landtag. «Als letztes
Mittel greifen wir heute zum schärfsten Schwert: Nur noch ein
Volksbegehren kann unsere Freiheit wiederherstellen», sagte die
AfD-Politikerin, ohne dabei irgendwelche Details zu nennen. Der
Souverän, das Volk, werde einen Strategiewechsel «erzwingen» müssen
.

Mit einem Volksbegehren kann in Bayern ein Volksentscheid erzwungen
werden, es gibt dafür aber mehrere Hürden. Sollte Ebner-Steiner, die
auch AfD-intern umstritten ist, dies gelingen, würde bei einem
Volksentscheid die Mehrheit entscheiden. In Landtagswahl-Umfragen kam
die AfD als Ganzes zuletzt allerdings nicht über acht Prozent hinaus.

Söder rief die Kommunen im Freistaat derweil auf, einen Corona-Bonus
für Erzieherinnen und Erzieher zu prüfen - und sagte Geld dafür zu.
Ihm nötige deren Arbeit in der aktuellen Krise größten Respekt ab.
Deshalb bitte er die Kommunen, eine Bonuszahlung zu prüfen. «Ich sage
heute zu, der Freistaat wäre bereit, sich an einer solchen
Anerkennung zu beteiligen.» Erzieher hätten neben lobenden Worten
auch eine solche Anerkennung verdient. Für Schulleitungen und
ausgewählte Lehrkräfte hatte die Staatsregierung zuletzt bereits
einen Corona-Bonus in Höhe von 500 Euro beschlossen. Für die
Beschäftigten in Kitas sind dagegen die Kommunen zuständig.