Corona wirft Schlaglicht auf Ärzteabwanderung von Prag in den Westen

Prag (dpa) - Die Corona-Krise hat in Tschechien ein Schlaglicht auf
das Problem der Ärzteabwanderung geworfen. Jährlich gehen Hunderte
Mediziner und Studienabsolventen in westliche EU-Staaten. Die
Ärztekammer in Prag hatte Mitte Oktober einen Aufruf veröffentlicht,
in dem sie zur vorübergehenden Rückkehr der Auswanderer aufrief.
Daraufhin hätten sich 25 Ärzte gemeldet, überwiegend aus Deutschland,

Frankreich und der Schweiz, teilte Ärztekammerpräsident Milan Kubek
am Freitag auf dpa-Anfrage mit.

Doch aufgrund bürokratischer Hürden und versicherungsrechtlicher
Fragen sei am Ende kein Einziger von ihnen zum Einsatz gekommen,
sagte Kubek. Zwischenzeitlich habe sich die Lage in den
Krankenhäusern stabilisiert. Eine grundsätzliche Lösung des
Abwanderungsproblems sieht Kubek nicht in Restriktionen: «Wer wie ich
hinter dem Eisernen Vorhang geboren wurde und aufwuchs, reagiert
besonders empfindlich auf jegliche Einschränkung der Freizügigkeit.»


Stattdessen müssten die Arbeitsbedingungen in den östlichen
EU-Staaten verbessert und mehr in die dortigen Gesundheitssysteme
investiert werden. «Wer hätte sich beim Fall des Kommunismus vor 31
Jahren vorgestellt, dass die Gehaltsunterschiede zwischen Tschechien
und Deutschland oder Österreich nach so vielen Jahren immer noch so
immens sein würden», sagte der Kammerpräsident.

Tschechien ist stark von der Corona-Krise betroffen. Am Freitag
vermeldeten die Behörden 4048 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden.
Seit Beginn der Pandemie gab es insgesamt mehr als 511 000 bestätigte
Infektionen und knapp 7800 Todesfälle. Der EU-Mitgliedstaat hat knapp
10,7 Millionen Einwohner.