Alle Jahre wieder und doch anders: Wie die Kirchen Weihnachten planen

Die Kirchen in Niedersachsen und Bremen bereiten sich auf Advent und
Weihnachten vor. Mit vielen Ideen trotzen sie der Pandemie. Was aus
der Not geboren wird, soll trotzdem eine Chance sein.

Hannover (dpa/lni) - Weihnachtsgottesdienst im Fußballstadion oder
als Kurzandacht zuhause, abgelesen vom Zettel? Weihnachten wird in
diesem Jahr für die Kirchen, ihre Mitarbeiter und Kirchgänger anders
sein. Sonst drängen sich Heiligabend Familien mit Kindern in den
Gottesdiensten. Weihnachten ist das eine christliche Fest im Jahr,
das auch kirchenferne Menschen anzieht. Doch im Coronajahr 2020 wird
die heimelige Nähe in den Kirchen nicht möglich sein.

Kirchenleitungen und Gemeinden bereiten sich seit Monaten auf
Alternativen vor. «Digitaler, kürzer und kälter» werde Weihnachten

diesmal sein, erwartet der evangelische Landesbischof von Hannover,
Ralf Meister. Mit Online-Übertragungen haben die Kirchen schon Ostern
Erfahrungen gemacht, als die Gemeinden sich nicht versammeln konnten.
Zu Weihnachten wird sich viel nach draußen in die Kälte verlagern.

«Weihnachten fällt nicht aus, "Alle Jahre wieder" kann man hier
wörtlich nehmen», verspricht Sabine Hatscher, Sprecherin der
Bremischen Evangelischen Kirche. Das Fest werde auf andere Weise
schön sein.

Bei der Planung herrscht einen Monat vorher aber Unsicherheit. Viele
Ideen stammen aus der Zeit vor dem Teil-Lockdown vom November. Und
ganz genau stehen die Regeln für die Weihnachtszeit noch nicht fest.
Doch auf eins verlassen sich die Kirchen: «Wir haben vom Land die
Zusage, dass wir mit Hygienekonzepten in den Kirchen Gottesdienste
feiern können», sagt Pastor Benjamin Simon-Hinkelmann, Sprecher der
Evangelisch-lutherischen Kirche Hannovers.

Eine zweite Zusage sei, dass für kirchliche Veranstaltungen unter
freiem Himmel nicht Sitzplätze organisiert werden müssen, sondern
Stehplätze ausreichen. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte am
Mittwoch, Bund und Länder wollten mit den Kirchen über sichere
Gottesdienste sprechen.

Unter dem Abstandsgebot gibt es in den Kirchen weniger Sitzplätze. So
bleiben in der Marktkirche in Hannover 200 von 1000 Plätzen. Der
Ausweg: mehr, aber kürzere Gottesdienste. Eine Gemeinde in Hannover
will ab Heiligabend mittags Gottesdienste rund um die Uhr anbieten -
jede Stunde 20 Minuten lang.

«Viele Gemeinden planen mehrere Gottesdienste», sagt auch Thomas
Arzner vom katholischen Bistum Osnabrück. Doch der Zugang zu diesen
kurzen Andachten müsse gut gemanagt sein. «Wir empfehlen sehr
dringend, für die Weihnachtstage ein Anmeldeverfahren einzuführen»,
schreibt die Liturgische Kommission des Bistums.

Viele Gemeinden werden ihre Feiern in größere Gebäude oder nach
draußen verlagern. Die katholische Gemeinde St. Joseph in Hannover
will bis zu 2000 Menschen im Fußballstadion von Hannover 96
zusammenbringen. Ob der Gottesdienst unter freien Himmel überhaupt
stattfindet ist derzeit völlig unklar. «Wir warten erst einmal ab und
werden dann mit gesundem Menschenverstand entscheiden, ob der
Gottesdienst im Stadion stattfinden kann», sagt Pfarrer Heinrich
Plochg von der St. Joseph Gemeinde.

Andere Gottesdienste sollen als Wegegottesdienste oder
Krippen-Stationenlauf stattfinden, sagt Arzner. In Bremen gibt es
Ideen, die Weihnachtsbotschaft mit Lautsprecherwagen, vom Trecker mit
Anhänger oder als Drehorgeltour zu verbreiten.

Bremerhaven plane ökumenisch «eine Art Weihnachts-Flashmob», sagte
die evangelische Superintendentin Susanne Wendorf-von Blumröder der
«Nordsee-Zeitung»: «Am Heiligabend um 22.45 Uhr werden wir die
Glocken läuten und die Bremerhavener einladen, sich an bestimmten
Plätzen in der Stadt mit Kerzen und Abstand zu treffen und gemeinsam
«Stille Nacht» zu singen.»

Die Kirchen sehen es auch als Chance, auf Straßen und Plätzen präsent

zu sein. Simon-Hinkelmann erinnert an die biblische Geschichte von
der Geburt Jesu im Stall: «Weihnachten war am Ursprung ein Fest, das
draußen und unter widrigen Umständen stattgefunden hat.» Wichtig sei,

Weihnachten als «Fest der Gemeinschaft» zu erhalten.

Zugleich überlegen die Kirchen, wie sie Menschen zuhause an Advent
und Weihnachten teilhaben lassen können. In Bremen soll es deshalb
«Weihnachten zum Mitnehmen» geben: Texte und Weihnachtstüten sollen
an Wäscheleinen vor den Kirchen hängen. Auch seien 50 000
Lichtertüten zum Verschenken produziert worden, sagt Hatscher.