Landesregierung schärft kritisierten Corona-Kurs an Schulen nach

Das Festhalten am Präsenzunterricht in den Schulen hat bislang aus
Sicht des Kultusministers ziemlich gut funktioniert. Einen flotteren
Umstieg auf Wechselunterricht bei Corona-Infektionsfällen hatten sich
Lehrer und Schüler gewünscht. Dazu gibt es nun klare Regelungen.

Hannover (dpa/lni) - Mitten in der zweiten Welle der Corona-Epidemie
schärft Niedersachsens Landesregierung die oft kritisierten Regeln
für den Schulunterricht nach den Bund-Länder-Beratungen noch einmal
nach. Landesweit werde nun automatisch in Hotspots ab 200
Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen
zu Wechselunterricht übergegangen, kündigte Kultusminister Grant
Hendrik Tonne (SPD) am Donnerstag in Hannover an.

In den vergangenen Wochen hatte es verstärkt Forderungen nach einem
schnelleren und zentral vorgegebenen Wechsel in das Szenario B
gegeben, um Ansteckungsrisiken für Lehrer, Schüler und deren Familien
zu reduzieren. An allen Schulen in den entsprechenden Hotspots gelte
das Szenario B künftig mindestens für zwei Wochen, und eine Rückkehr

zum Präsenzunterricht gebe es erst bei einem dreitägigen Rückgang der

Inzidenz unter 200, betonte Tonne.

Kombiniert wird die Maßnahme mit einer generellen Maskenpflicht an
allen Schulen. Die Bund-Länder-Einigung sieht darüber hinaus nach
Infektionsfällen eine straffere Kontrollstrategie mit Schnelltests
und einer fünftägigen Verdachtsquarantäne für alle Schüler der Kl
asse
vor. «Ich bin dagegen, Schulen ohne Not in Szenario B zu schicken»,
sagte Tonne zur Forderung, landesweit vorsorglich Wechselunterricht
einzuführen. An einer wachsenden Zahl von Schulen in Niedersachsen
war zuletzt ein Unterricht ohne Corona-Beschränkungen möglich.

Aktuell sei der Präsenzunterricht uneingeschränkt an 2430 Schulen
möglich, sagte Tonne. An 570 Schulen gebe es entweder
Wechselunterricht oder seien Klassen oder Lerngruppen von
Quarantäne-Maßnahmen betroffen. Dies seien deutlich weniger Schulen
als vor einer Woche, als noch 675 Schulen betroffen waren. Ob an der
nun weiter ausgefeilten Strategie zum Betrieb der Schulen in der
Corona-Krise unverändert festgehalten wird, soll in der Woche vor
Weihnachten und dann erneut eine Woche vor Schulstart im Januar
überprüft werden, so der Minister.

Weder Schüler noch Eltern sollten Nachteile dadurch haben, dass der
Start der Weihnachtsferien auf den 19. Dezember vorgezogen wird. Für
Eltern, die die Betreuung ihrer Kinder nicht gewährleisten könnten,
werde eine Notbetreuung bis zum ursprünglichen Ferienstart am
22. Dezember eingerichtet, sagte Tonne. Die Zahl der im Halbjahr pro
Fach erforderlichen Klassenarbeiten werde von zwei auf eine gesenkt,
damit es nicht zu Prüfungsstress komme. Auch zu Hause erbrachte
Leistungen sollten in die Benotung einfließen können.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßte zwar den
erleichterten Wechsel ins Szenario B. Nötig sei aber mehr als
kurzfristiges Krisenmanagement, nämlich das Beheben von
Personalmangel sowie der Defizite bei Sicherheit und Ausstattung in
den Schulen. Es müsse endlich zu einer dauerhaften
Investitionsoffensive an den Schulen kommen, forderte die
GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) betonte, dass die Regeln für
den Umstieg auf einen Wechselunterricht auch das Gedränge in Bussen
und Bahnen bei der Schülerbeförderung beende. Die Ausweitung der
Schnelltests in Schulen sei zu begrüßen, es sei aber nicht
nachvollziehbar, warum der verstärkte Gesundheitsschutz nicht für
Lehrkräfte greife.

Die Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg bemängelte, das
jeweilige Schulszenario hänge weiterhin von den völlig überlasteten
Gesundheitsämtern ab. Darüber sollten die Schulen endlich selbst
entscheiden können. Vom Koalitionspartner CDU kam nach deutlicher
Kritik an Tonnes Kurs in der vergangenen Landtagssitzung nur noch der
Hinweis, man habe sich einen niedrigeren Inzidenzwert als 200 für den
Wechsel ins Szenario B vorstellen können.