Experten kritisieren späte Diagnosen von HIV-Infektionen in Europa

Kopenhagen/Stockholm (dpa) - Vor dem Welt-Aids-Tag haben Europas
führende Gesundheitsinstitutionen eine verbesserte Teststrategie
gefordert. Die Zahl der Menschen, die mit nicht diagnostiziertem
HIV lebten, nehme in Europa zu, teilten das Europa-Büro der
Weltgesundheitsorganisation WHO und die EU-Gesundheitsbehörde ECDC am
Donnerstag mit. Mehr als die Hälfte der Infektionen werde erst in
einem späten Stadium diagnostiziert, wenn das Immunsystem bereits
angefangen habe, zu versagen. Dies sei ein Zeichen dafür, dass die
Teststrategien bei der Früherkennung von HIV in der europäischen
Region nicht hinreichend funktionierten.

Wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Jahresbericht von WHO
Europa und ECDC zur Lage von HIV und Aids in Europa hervorgeht, wurde
2019 bei knapp 136 500 Menschen auf dem Kontinent HIV diagnostiziert.
Etwa vier Fünftel dieser Neuinfektionen traten im östlichen Teil der
europäischen Region auf, nur weniger als jeder Fünfte dagegen im
Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Auch wenn sich der Trend in der
Region insgesamt in den vergangenen Jahren stabilisiert habe, sei die
Zahl der neu mit HIV diagnostizierten Menschen seit dem Jahr 2010 um
16 Prozent gestiegen. Bei rund 12 500 Menschen wurde 2019 Aids
festgestellt.

«Trotz des aktuellen Fokus auf Covid-19 dürfen wir andere
Angelegenheiten der öffentlichen Gesundheit wie HIV nicht aus den
Augen verlieren», erklärte ECDC-Direktorin Andrea Ammon. Eine frühere

Diagnostizierung von HIV habe eine dringliche Bedeutung.

Die WHO Europa zählt insgesamt 53 Länder zur europäischen Region,
darunter auch weite Teile östlich der EU, also zum Beispiel Russland
und die Ukraine. Insgesamt leben in dieser Region fast 900 Millionen
Menschen, knapp 508 Millionen davon im Europäischen Wirtschaftsraum,
zu dem neben den 27 EU-Staaten noch Ex-EU-Mitglied Großbritannien
sowie Island, Liechtenstein und Norwegen gerechnet werden.

Der Welt-Aids-Tag ist im Jahr 1988 von der WHO ins Leben gerufen
worden. Er wird alljährlich am 1. Dezember begangen, um
Aufmerksamkeit für die durch das Humane Immunschwächevirus (HIV)
verursachte Krankheit Aids zu schaffen.