Stammzellspender verzweifelt gesucht - Leukämiekranke in der Pandemie

Als sei die Diagnose Leukämie nicht schon schlimm genug - in der
Corona-Pandemie fehlen jetzt auch noch zunehmend lebensrettende
Stammzellspender. In der Krise sind öffentliche Typisierungsaktionen
unmöglich geworden. Aber es gibt einen anderen Weg.

Hannover (dpa/lni) - Der Teil-Lockdown zur Bekämpfung der
Corona-Pandemie macht es immer schwerer, Stammzellspender für
Leukämiekranke zu finden. Allein in Niedersachsen warteten 47
Blutkrebspatienten «verzweifelt auf einen geeigneten Spender für ihre
lebensrettende Stammzelltransplantation», sagte die Geschäftsführerin

des Norddeutschen Knochenmark- und Stammzellspender-Registers (NKR),
Marlena Robin-Winn. Bundesweit gehe es um 1184 Patienten, weltweit
gebe es «Massen von Patienten», die auf einen Spender warteten. In
der Pandemie mit ihren Beschränkungen allerdings seien öffentliche
Typisierungsaktionen unmöglich geworden.

«Durch den Lockdown müssen diese Aktionen nun unterbleiben. Das ist
tragisch, denn Leukämie und ähnliche Krankheiten fordern ständig
ihren tödlichen Tribut, und wir kämpfen verzweifelt dagegen an»,
sagte Robin-Winn. Seit März habe es keine Aktionen gegeben, daher
versuche man die Menschen über Social-Media-Netzwerke zu motivieren.
Viele hielten sich zurück, wollten nicht gern für die Typisierung ins
Krankenhaus gehen - allerdings werde das Typisierungsset nach Hause
geschickt, sagte sie. Der Test erfolge per Abstrich mit einem
Wattestäbchen an der Innenseite der Wange.

Unter den 47 Blutkrebspatienten seien auch fünf Kinder ab einem Alter
von sechs Wochen. Viele Patienten warteten schon über ein Jahr auf
ihre Transplantation, manche bis zu zwei Jahre. Patienten und
Angehörige seien in einer Warteschleife, die auch psychisch an die
Belastungsgrenze führe. «Die Corona-Krise hat die Situation noch
verschlechtert», sagte Robin-Winn. «Es ist sehr schwer.»

Auch die weltweite Spendersuche stehe in der Corona-Krise vor
Problemen. Schwer sei es, Spender für Menschen mit
Migrationshintergrund zu finden - «gerade für diese Betroffenen
finden wir in deutschen Registern sehr wenige potenzielle Spender und
müssen daher vermehrt Anfragen an das Ausland stellen», sagte die
Ärztin. Das aber sei wegen internationaler Beschränkungen schwierig.

Das seit 1996 aufgebaute NKR ist nach eigenen Angaben das größte
norddeutsche Register für typisierte Stammzellspender und bundesweit
tätig. Seit der Gründung seien für über 1700 Erkrankte potenzielle

Lebensretter gefunden worden, insgesamt 270 000 Spender seien im
Register erfasst. Rund 13 700 Menschen erkrankten in Deutschland
jedes Jahr an Leukämie.