Lewentz warnt vor wachsender Beteiligung von Extremisten an Protesten

Die sogenannte Querdenker-Bewegung macht den Sicherheitsbehörden in
Rheinland-Pfalz Sorgen. Sie achten besonders auf rechtsextreme
Tendenzen bei diesen Versammlungen. Innenminister Lewentz will die
AfD nach ihren «Reichtags-Exzessen» genauer unter die Lupe nehmen.

Mainz (dpa/lrs) - Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger
Lewentz hat im Umfeld der «Querdenker»-Bewegung extrem schnelle
Radikalisierungstendenzen ausgemacht und vor einem Extremismus der
neuen Art gewarnt. «Das macht uns große Sorgen. Denn unorganisierte
Einzeltäter sind für Polizei und Verfassungsschutz extrem schwer
feststellbar», sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur
in Mainz. «Die extrem denkenden Ränder tun sich im Moment zusammen»,

sagte Lewentz. «Das ist eine ganz bunte, aber für die Gesellschaft
gefährliche Mischung.» Gerade Versuche von Rechtsextremisten und
sogenannten Reichsbürgern hätten zugenommen, die Proteste gegen die
Pandemie-Bekämpfung zu beeinflussen, sagte Lewentz am Mittwoch in
Mainz.

Die Bereitschaft, den Staat durch Militanz herauszufordern, wachse,
Aggressivität und Angriffe auf die Polizei nähmen zu, stellte Lewentz
fest. Der bürgerliche Protest grenze sich in der
«Querdenker»-Bewegung nicht eindeutig ab. Der Verfassungsschutz werde
schärfer beobachten, welche extremistischen Bestrebungen es beim
Corona-Protest gebe.

Der Leiter der Verfassungsschutzabteilung, Elmar May, sprach von
einer steigenden verbalen Radikalität und Gewaltbereitschaft im
Internet und in der Öffentlichkeit. Es gebe mehr staats- und
demokratiefeindliche Aktionen, sagte May. Die sogenannte
Querdenker-Bewegung sei eine sehr heterogene Mischung, ohne klare
Organisationsstruktur, an der auch immer Menschen aus dem Spektrum
von Rechtsextremisten und Reichsbürgern mitmachten.

Bei Demonstrationen gegen die Coronabekämpfungsmaßnahmen hat die
Polizei bisher 22 Straftaten registriert, wie der Inspekteur der
Polizei, Jürgen Schmitt, sagte. Die Mehrzahl seien Verstöße gegen das

Versammlungsgesetz gewesen, gefolgt von Widerstand gegen und
tätlichen Angriffen auf Vollstreckungsbeamte. Dazu kamen rund 140
Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Verstößen gegen die
Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes, meist ging es dabei um die
Missachtung der Maskenpflicht.

Schmitt sprach von 33 Versammlungen der Bewegung in Rheinland-Pfalz
von Mai bis November. «Die Bewegung versucht die Polizei in eine
Gewaltfalle zu locken» und dann Film- und Videoaufnahmen ins Netz zu
stellen, beschrieb Schmitt das provokante Verhalten einiger
Demonstrationsteilnehmer. Bearbeitete Bilder, konstruierte Vorwürfe
und Fake-News kämen dazu, ergänzte Lewentz.

Der Minister kritisierte die «Reichstags-Exzesse» der AfD scharf. Das
«infame Gebaren» sei ohne Beispiel in der Deutschen Geschichte und
ein gezielter Angriff auf die parlamentarische Demokratie. Er sprach
sich dafür aus, die Partei «noch genauer unter die Lupe zu nehmen».
Dies werde in der Innenministerkonferenz besprochen, kündigte er an.
In der Bundestagsfraktion seien Abgeordnete aus allen Landesverbänden
vertreten. Lewentz plädierte aber nicht für ein Verbot der Partei.
«Ich bin fest davon überzeugt, dass die AfD politisch niedergerungen
werden muss.» Er glaube an die Kraft der Demokratie.

Über die Büros von AfD-Abgeordneten waren am Mittwoch bei der
Abstimmung über das Infektionsschutzgesetz Besucher ins
Reichstagsgebäude gelangt, die dort anschließend Gesetzesbefürworter

unter den Abgeordneten belästigten, filmten und teils beleidigten.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Georg Maier, hält ein
Verbot zumindest für möglich, sollte sich die AfD weiter
radikalisieren. Der Sozialdemokrat ist Innenminister in Thüringen.